BGB § 307

Leitsatz

In einer formularmäßigen Vereinbarung über eine Anschlussgarantie für Material- oder Herstellungsfehler eines Kfz, die der Fahrzeughersteller einem Fahrzeugkäufer gegen Entgelt gewährt, ist eine Klausel, nach der Garantieansprüche davon abhängen, dass der Garantienehmer die nach den Herstellerangaben erforderlichen Wartungen in den vorgegebenen Intervallen von einer Vertragswerkstatt des Herstellers durchführen lässt, wegen unangemessener Benachteiligung des Garantienehmers unwirksam, wenn sie Garantieansprüche unabhängig davon ausschließt, ob eine Verletzung der Wartungsobliegenheit für den eingetretenen Schaden ursächlich geworden ist (Fortführung der Senatsurt. v. 17.10.2007 – VIII ZR 251/06, WM 2008, 263, und v. 12.12.2007 – VIII ZR 187/06, WM 2008, 559).

BGH, Versäumnisurt. v. 6.7.2011 – VIII ZR 293/10

Sachverhalt

Der Kl. kaufte von der beklagten deutschen Tochtergesellschaft eines schwedischen Autoherstellers einen acht Monate zuvor erstmals zugelassenen Vorführwagen. Bei dem Kauf erhielt er für das Fahrzeug eine Urkunde über eine auf die Bekl. als Garantiegeberin bezogene "Protection"-Garantie, deren formularmäßig gestaltete Garantiebedingungen auszugsweise wie folgt lauten:

“2. Allgemeines

S garantiert bei Material- oder Herstellungsfehlern die kostenlose Reparatur oder den kostenlosen Ersatz des betreffenden Teils bei jedem S-Vertragshändler. Die Garantie ist an das in diesem Dokument beschriebene Fahrzeug gebunden und geht beim Weiterverkauf des Fahrzeugs auf den nächsten Erwerber über …

4. Garantie-Dauer

Die vorliegende Garantie beginnt mit Ablauf der zweijährigen Herstellergarantie. Sie hat eine Laufzeit von einem Jahr, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Herstellergarantie …

6. Garantie-Voraussetzungen

Garantieansprüche können nur bei einem S-Vertragshändler unter folgenden Bedingungen geltend gemacht werden:

– Das Fahrzeug muss gem. den im Serviceheft beschriebenen Vorschriften bei einem S-Vertragshändler unter ausschließlicher Verwendung von S Originalteilen gewartet worden sein.

– Die ordnungsgemäße Wartung muss im Serviceheft bestätigt sein.

– Das Nachweisdokument ist bei der Schadensmeldung vorzulegen.“

Am 27.12.2006 kam es bei einem Kilometerstand von 69.580 km zu einem Defekt an der Dieseleinspritzpumpe, den der Kl. im Zentrum der Bekl. beheben ließ. Dieses führte anlässlich der Reparatur zugleich die nach den Herstellerangaben im Serviceheft erforderliche, bis dahin unterbliebene 60.000-km-Inspektion durch. Für die Reparaturarbeiten stelle die Bekl. wegen Überschreitung der vorgeschriebenen Service-Intervalle unter Verneinung der Eintrittspflicht dem Kl. für die Reparatur 3.138,23 EUR in Rechnung. Der Kl. beglich diese Rechnung nicht, sondern machte klageweise die Freistellung von einer Inanspruchnahme durch das Zentrum aus der Reparaturrechnung, die angefallenen vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten und den Ausspruch der Feststellung geltend, dass die der Rechnung zugrunde liegende Reparatur ein Garantiefall i.S.d. "Protection" darstelle.

Das BG, das die Revision zugelassen hat, lehnte wie das zunächst angerufene AG eine Eintrittpflicht der Bekl. ab. Die Revision führte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung an das BG.

2 Aus den Gründen:

[9] "… Entgegen der Auffassung des BG kommt es für die Wirksamkeit der unter Ziffer 6 der Garantiebedingungen geregelten Garantie-Voraussetzungen nicht nur darauf an, dass es sich um eine Neuwagengarantie des Herstellers – und nicht um eine Gebrauchtwagengarantie eines Dritten – handelt, sondern auch darauf, ob die Bekl. die von ihr eingeräumte Anschlussgarantie entgeltlich oder unentgeltlich übernommen hat. Für das Revisionsverfahren ist dabei zu unterstellen, dass die Garantie, wie von dem Kl. behauptet, jedenfalls zum Zeitpunkt ihrer Übernahme nur gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgelts gewährt worden ist. Zumindest für diesen Fall unterliegen die unter Ziffer 6 der Garantiebedingungen geregelten Garantie-Voraussetzungen einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Dieser Inhaltskontrolle halten sie jedoch, wie die Revision mit Recht geltend macht, nicht stand, weil die darin geregelten Garantieeinschränkungen den Garantienehmer – hier gem. Ziffer 2 S. 2 der Garantiebedingungen den Kl. – entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, sodass die von ihm aus Ziffer 2 S. 1 der Garantiebedingungen beanspruchte Reparaturkostenerstattung nicht allein schon wegen der unterbliebenen 60.000-Kilometer-Inspektion ausgeschlossen ist."

[10] 1. Die unter Ziffer 6 der Garantiebedingungen geregelten Garantie-Voraussetzungen sind nicht gem. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle entzogen. Zwar ist danach insb. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB nicht auf solche Abreden anzuwenden, die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistung und den dafür zu zahlenden Preis unmittelbar regeln (Senatsurt. v. 17.10.2007 – VIII ZR 251/06, WM 2008, 263 Rn 12; v. 24.3.2010 – VIII ZR 304/08, WM 2010, 1050 Rn 25; jeweils m.w.N.). Dies...

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