Einführung

Bis Ende des Jahres sollen schätzungsweise 600.000 Elektrofahrräder auf deutschen Straßen fahren. Tendenz stark steigend. Die angebotenen Modelle unterscheiden sich nach Antriebsart, Leistung und Höchstgeschwindigkeit, was zu unterschiedlichen juristischen Bewertungen und Rechtsfolgen führt. Der Beitrag gibt eine Übersicht über die Rechtslage und die Klassifizierung von Elektrofahrrad, Pedelec & Co.

I. Einleitung

Die Verkaufszahlen steigen, Elektrofahrräder werden immer beliebter, dabei ist die Rechtslage wegen der unterschiedlichen Typen unübersichtlich. Bei Elektrofahrrädern mit Trethilfe (sog. "Pedelec") ist die rechtliche Einordnung heftig umstritten und teilweise noch ungeklärt.[1] Beim Pedelec (engl. Pedal Electric Cycle) unterstützt der Elektromotor den Fahrer nur während des Tretens und schaltet beim Erreichen einer bestimmten Geschwindigkeit ab. Auch hier werden verschiedene Modelle angeboten. Während die Motorunterstützung beim Pedelec regelmäßig bei einer Geschwindigkeit von 25 km/h unterbrochen wird, wird bei schnellen Pedelecs (auch Schweizer oder S-Pedelec genannt) die Unterstützung erst bei einer Geschwindigkeit von 45 km/h unterbrochen. Zusätzlich zur Trethilfe kann noch eine Schiebe- oder Anfahrhilfe vorhanden sein, die das Fahrrad ohne Treten auf eine Geschwindigkeit von 6 km/h beschleunigt. Folgende Kategorien von Elektrofahrrädern können nach Höchstgeschwindigkeit und Leistung im Wesentlichen unterschieden werden:

Elektrofahrräder mit eigenem (tretunabhängigen) Antrieb

bis 20 km/h und einer Leistung von 0,5 Kilowatt
bis 25 km/h und einer Leistung von 1 Kilowatt
bis 45 km/h und einer Leistung von 4 Kilowatt

Pedelec mit Hilfsantrieb

0 km/h ohne Treten, bis 25 km/h mit Treten und einer Leistung von 0,25 Kilowatt
6 km/h ohne Treten (Anfahrhilfe) und bis zu 25 km/h mit Treten und einer Leistung von 0,25 Kilowatt
0 km/h ohne Treten, bis 45 km/h mit Treten und einer Leistung von 0,5 Kilowatt

Anhand einer Klassifizierung der verschiedenen Modelle als Fahrrad, Leichtmofa, Mofa oder Kleinkraftrad ergeben sich unterschiedliche Rechtsfolgen.

[1] Die Bundesregierung plant eine Überprüfung der geltenden Vorschriften, insb. auch zur Einstufung der Fahrräder mit Trethilfe, so die Antwort der Bundesregierung vom 22.7.2011, BT-Drucks 17/6673, auf die kleine Anfrage der Abgeordneten Hacker u.a. und der Fraktion der SPD, "Verkehrssicherheit bei elektrisch unterstützten Fahrrädern (Pedelecs)".

II. Rechtslage

Der Begriff des Fahrrades ist im deutschen Recht nicht definiert, sondern wird vorausgesetzt. In Art. 1 lit. l des Wiener Übereinkommens über den Straßenverkehr vom 8.11.1968[2] wird Fahrrad "als jedes Fahrzeug mit wenigstens zwei Rädern, das ausschliesslich durch die Muskelkraft auf ihm befindlicher Personen, insbesondere mithilfe von Pedalen oder Handkurbeln, angetrieben wird" definiert. Kraftfahrzeuge sind dagegen "Landfahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein" (§ 1 Abs. 2 StVG). Ein Fahrrad mit (Hilfs-)Motor oder Motor-Fahrrad ("Mofa") müsste danach eigentlich als Kraftfahrzeug angesehen werden. In Umsetzung der Richtlinie 2002/24/EG[3] werden Fahrräder mit Trethilfe nunmehr in Kapitel 3 der Verordnung über die EG-Genehmigung für Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger sowie für Systeme, Bauteile und selbständige technische Einheiten für diese Fahrzeuge (EG-FGV)[4] von den Bestimmungen für die Zulassung von zwei- oder dreirädrigen Kraftfahrzeugen ausgenommen. In § 15 EG-FGV (Anwendungsbereich und Voraussetzungen) heißt es insoweit wörtlich:

"(1) Für die Genehmigung von"

1. zwei-, drei- und vierrädrigen Kraftfahrzeugen sowie

2. Systemen … , sind die Bestimmungen dieser Richtlinie anzuwenden.

(2) Die Bestimmungen der Richtlinie 2002/24/EG gelten nicht für

1. Fahrzeuge mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 6 km/h;

8. Fahrräder mit Trethilfe, die mit einem elektromotorischen Hilfsantrieb mit einer maximalen Nenndauerleistung von 0,25 Kilowatt ausgestattet sind, dessen Unterstützung sich mit zunehmender Fahrzeuggeschwindigkeit progressiv verringert und beim Erreichen einer Geschwindigkeit von 25 km/h oder früher, wenn der Fahrer im Treten einhält, unterbrochen wird … “

Die Bestimmung verweist auf die genannte Richtlinie und gibt auf den ersten Blick nur den Wortlaut wieder. Abweichend hiervon heißt es aber in Art. 1 (Hervorhebungen hinzugefügt):

"(1) Diese Richtlinie gilt für alle zur Teilnahme am Straßenverkehr"

bestimmten zweirädrigen oder dreirädrigen Kraftfahrzeuge mit oder

ohne Doppelrad sowie deren Bauteile oder selbständige technische Einheiten.

Diese Richtlinie gilt nicht für die nachstehend genannten Fahrzeuge:

a) Fahrzeuge …

h) Fahrräder mit Trethilfe … “

Der Wortlaut der Richtlinie zeigt insoweit im Unterschied zur deutschen Verordnung klarer, dass die Fahrräder mit Trethilfe keine Kraftfahrzeuge, sondern als Fahrzeuge ausgenommen und damit rechtlich als Fahrräder zu qualifizieren sind. Soweit Elektrofahrräder nicht ausdrücklich durch die Verordnung ...

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