"[10] II. Die Revision des Kl. ist unbegründet. Die Entscheidung des BG steht im Einklang mit Bundes- und Unionsrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FeV in der hier anwendbaren Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der FeV führt bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen unmittelbar – also ohne dass es noch zusätzlich einer Einzelfallentscheidung der deutschen Fahrerlaubnisbehörde bedarf – zur Unwirksamkeit der ausländischen EU-Fahrerlaubnis in Deutschland ab deren Erteilung (1. und 2.). Dem stehen weder höherrangiges deutsches Recht (3.) noch der unionsrechtliche Grundsatz der Anerkennung ausländischer EU- und EWR-Fahrerlaubnisse entgegen (4.)."

[11] 1. a) Der Entscheidung über das Feststellungsbegehren des Kl. ist § 28 Abs. 1 und 4 FeV in der Fassung zugrunde zu legen, die die Vorschrift durch die Dritte Änderungsverordnung zur FeV v. 7.1.2009 (BGBl I S. 29) erhalten hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kl. seine Berechtigung zum Führen von Kfz auch für die Vergangenheit, nämlich für die Zeit ab der Erteilung seiner tschechischen Fahrerlaubnis, festgestellt wissen will. Der Verordnungsgeber will mit der Neufassung von § 28 Abs. 4 FeV der Rspr. des EuGH zum Umfang der Pflicht zur Anerkennung ausländischer EU- und EWR-Fahrerlaubnisse Rechnung tragen (vgl. BRDrucks 851/08 S. 6). Die in § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV a.F. getroffene Regelung, wonach eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis in Deutschland bereits dann unwirksam sein sollte, wenn deren Inhaber zum Zeitpunkt der Erteilung seinen Wohnsitz im Inland hatte, soll auf die vom EuGH in seinen Urt. v. 26.6.2008 (Rs. C-329/06 und C-343/06, Wiedemann u.a. – Slg. 2008 I-4635 = NJW 2008, 2403 [= zfs 2008, 473] Rn 68 ff. sowie – Rs. C-334/06 bis C-336/06, Zerche u.a. – Slg. 2008 I-4691 Rn 65 ff. [DAR 2008, 459, Pressemitteilung in zfs 2008, 362]) beschriebenen Fälle eines offenkundigen Verstoßes gegen die Wohnsitzvoraussetzung zurückgeführt werden. Anderenfalls soll diese Fahrerlaubnis in den in Rede stehenden Fällen ab ihrer Erteilung auch in Deutschland gelten. Da mit der Neufassung der Bestimmung keine Schlechterstellung der betroffenen Fahrerlaubnisinhaber verbunden ist und sie nur das regelt, was aufgrund der Rspr. des EuGH ohnehin schon galt, besteht keine Veranlassung, ihren Anwendungsbereich auf ab dem 19.1.2009 erteilte Fahrerlaubnisse zu begrenzen (so aber OVG Münster, Urt. v. 8.5.2009 – 16 A 3373/07, DAR 2009, 480 Rn 19), zumal Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Neuregelung dafür keine Anhaltspunkte bieten. Die Annahme, eine Schlechterstellung für Inhaber bereits erteilter Fahrerlaubnisse ergebe sich aus der Europarechtswidrigkeit von § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV a.F. und einer daraus folgenden Unanwendbarkeit der Norm, verkennt die Wirkungen des unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs; denn dieser hat eine nur teilweise Nichtanwendbarkeit des innerstaatlichen Rechts zur Folge, wenn – wie hier – eine Abgrenzung des nicht anwendbaren Teils der Vorschrift von ihrem verbleibenden Anwendungsbereich möglich ist. Die Neufassung beschränkt sich daher darauf, die bereits durch das Unionsrecht bewirkte teilweise Nichtanwendbarkeit der bisherigen Regelung im Normtext nachzuvollziehen.

[12] b) Der gemeinschaftsrechtliche Maßstab ergibt sich aus der Richtlinie des Rates v. 29.7.1991 über den Führerschein 91/439/EWG (ABl L 237 v. 24.8.1991 S. 1), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2009/112/EG der Kommission v. 25.8.2009 (ABl L 223 v. 26.8.2009 S. 26). Dagegen ist die Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 20.12.2006 über den Führerschein (ABl L 403 S. 18), die sog. 3. EU-Führerscheinrichtlinie, nicht anwendbar. Nach ihrem Art. 18 gilt Art. 11 Abs. 1 und 3 bis 6 mit den Regelungen über den Entzug, die Ersetzung und die Anerkennung von Führerscheinen erst ab dem 19.1.2009. Aus dem 5. Erwägungsgrund der Richtlinie ergibt sich, dass vor dem Beginn der Anwendung dieser Richtlinie erworbene Fahrerlaubnisse unberührt bleiben sollen. Damit beansprucht die 3. Führerscheinrichtlinie keine Geltung für die hier in Rede stehende Fahrerlaubnis, die bereits am 26.11.2004 erteilt wurde.

[13] 2. Der Kl. war und ist wegen des Vorliegens der Voraussetzungen von § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FeV nicht berechtigt, mit seiner in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis, die einen Wohnsitz in Deutschland ausweist, im Inland Kfz zu führen.

[14] Gem. § 28 Abs. 1 S. 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz i.S.d. § 7 Abs. 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kfz im Inland führen. Hier greift der Ausschlussgrund des § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FeV. Danach gilt die Berechtigung nach Abs. 1 nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellermitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung der...

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