[10] "… I. Das BG hat – nach ergänzender Beweisaufnahme durch ein weiteres Gutachten des schon in erster Instanz tätigen SV und dessen mündliche Anhörung – das Vorliegen eines Unfallereignisses bejaht, sich aber davon überzeugt gezeigt, dass eine bei der Kl. ggf. bestehende dauerhafte Beeinträchtigung nicht auf dieses Ereignis, sondern auf vorbestehende degenerative Veränderungen zurückzuführen sei."

[11] Der SV habe dargelegt, dass bei der Kl. kein traumatisch bedingter Bandscheibenvorfall vorliege und dass für ihre Beschwerdesymptomatik eine Facettengelenksymptomatik verantwortlich sei, die aber ebenfalls nicht auf akut-traumatische Veränderungen, sondern auf einen überaltersgemäßen Verschleiß hindeute. Insgesamt seien die bei dem Vorfall auf die Kl. einwirkenden Kräfte gering gewesen und hätten lediglich eine Aktivierung der bereits bis dahin klinisch stumm vorbestehenden degenerativen Facettengelenksarthrose bewirkt. Eine eingetretene Invalidität der Kl. – gleich welchen Grades – sei daher nicht unfallbedingt.

[12] Die Frage einer Vorinvalidität oder einer Anspruchsminderung wegen mitwirkender Krankheiten oder Gebrechen stelle sich somit nicht.

[13] II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das BG hätte die Kausalität des von ihm festgestellten Unfallgeschehens für den bei der Kl. eingetretenen Dauerschaden – dessen Vorliegen mangels gegenteiliger Feststellungen für das Revisionsverfahren zu unterstellen ist – mit der von ihm gegebenen Begründung nicht verneinen dürfen.

[14] 1. Der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsbeeinträchtigung besteht nach der Äquivalenztheorie, wenn der Unfall im Sinne einer conditio sine qua non nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Gesundheitsschaden entfiele. … Dabei ist Mitursächlichkeit ausreichend, was schon aus der Tatsache folgt, dass in Nr. 3 AUB 2000 bei der Mitwirkung von Krankheiten und Gebrechen, also unfallfremden Faktoren, kein Ausschluss, sondern nur eine Anspruchsminderung entsprechend dem Mitwirkungsanteil vorgesehen ist (Senat VersR 2013, 1570 Rn 24; VersR 2012, 92 Rn 13 ff. … ).

[15] Weiterhin muss nach der Adäquanztheorie das Ereignis im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung eines Erfolgs der eingetretenen Art geeignet sein (Senat VersR 2013, 1570 Rn 21 … ).

[16] a) Allerdings nimmt ein Teil der Rspr. und des Schrifttums an, dass ein adäquater Kausalzusammenhang entfällt, wenn die Funktionsbeeinträchtigung auch auf degenerativen oder anlagebedingten Vorschäden beruht, die bis zum Unfall noch keine Beschwerden ausgelöst hatten, so dass jede andere Ursache die Gesundheitsschädigung ebenso gut hätte herbeiführen können und der Unfall, der in diesen Fällen häufig auch als “Gelegenheitsursache’ bezeichnet wird, nur einen unmaßgeblichen Anlass für die Beschwerden setzt (OLG Köln r+s 2013, 619; … ; OLG Celle VersR 2010, 205; KG r+s 2002, 525 … ; OLG Schleswig VersR 1995, 825; … ). Zur Begründung wird angeführt, der Unfallversicherer gewähre Schutz davor, dass sich die gesundheitliche Konstitution der versicherten Person durch das Unfallereignis richtungsweisend verändere, woran es fehle, wenn die Schädigung durch innerkörperliche Vorgänge bereits derart vorprogrammiert sei, dass sie bei jedem geringfügigen und beliebig austauschbaren Anlass nach außen treten könne. …

[17] b) Diese Auffassung ist jedoch unzutreffend. Entgegen der Revisionserwiderung ist in der privaten Unfallversicherung nicht von einem eigenständigen unfallversicherungsrechtlichen Kausalbegriff auszugehen.

[18] Der Begriff der Gelegenheitsursache stammt aus dem Sozialversicherungsrecht, das nicht jede Mitwirkung genügen lässt, sondern für die Kausalität eine wesentliche oder richtungsgebende Mitwirkung verlangt. Danach ist eine bloße Gelegenheitsursache gegeben, wenn der Schaden auch ohne äußere Einwirkung hätte entstehen können und im ungefähr gleichen Ausmaß und etwa demselben Zeitpunkt auch eingetreten wäre, wenn es zur Auslösung akuter Erscheinungen nicht besonderer, in ihrer Eigenart unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedürfe, sondern jedes andere alltäglich vorkommende ähnlich gelagerte Ereignis zu derselben Zeit die Schädigung auslöste (BSG VersR 2000, 789, 790 … ).

[19] Hingegen ist die im privaten Unfallversicherungsrecht ausreichende Adäquanz schon bei einer nicht gänzlich außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegenden Mitwirkung gegeben (Senat VersR 2013, 1570 Rn 21 … ). Daher schließt das Vorhandensein von Vorschäden für sich genommen die Kausalität nicht aus. Das Adäquanzerfordernis bezweckt nicht, die Folgen von Gesundheitsschädigungen, die nahezu ausschließlich durch ihre gesundheitliche Verfassung geprägt sind, von vornherein vom Versicherungsschutz auszuschließen. Dies wird der durchschnittliche VN entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch dem Klauselwerk nicht entnehmen. Er wird vielmehr ...

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