Nach § 44 Abs. 1 S. 2 StGB ist ein Fahrverbot in der Regel anzuordnen, wenn der Täter nach § 315c Abs. 1 Nr. 1a StGB allein, i.V.m. § 315c Abs. 3 StGB oder nach § 316 StGB verurteilt wird, die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB aber unterbleibt. Dies gilt auch dann, wenn sie nur unterbleibt, weil der Zweck der Entziehung bereits durch eine vorläufige Entziehung erreicht erscheint.[22] Nur wenn ganz besondere Umstände vorliegen, die einen Verzicht auf die Anordnung rechtfertigen, darf von der Regelanordnung des § 44 Abs. 1 S. 2 StGB abgesehen werden.[23] Zu denken ist etwa an Unfallfluchtfälle mit geringerem Schweregehalt oder "Umparkersachverhalte" (Kurzstreckentrunkenheitsfahrten). Der Verteidiger muss sich dieses Problems stets bewusst sein und seinen Vortrag hierauf einstellen. Er darf den Tatrichter also nicht nur überreden, vom Fahrverbot abzusehen, sondern muss ihm überzeugende Argumente an die Hand geben, um seine Entscheidung auch rechtsfehlerfrei begründen zu können, da beim Absehen vom Regelfahrverbot des § 44 Abs. 1 S. 2 StGB stets mit einer Rechtsmitteleinlegung der Staatsanwaltschaft zu rechnen ist. Argumentiert werden kann in Trunkenheitsfällen auch mit der Rechtsprechung zum ordnungswidrigkeitenrechtlichen Fahrverbot.[24]

Wichtig ist dabei immer, die Kurzstreckenfahrt durch ausführliche und nachvollziehbare Schilderung mit Leben zu füllen und so aus Verteidigersicht dem Tatrichter eine rechtsfehlerfreie Urteilsbegründung zu ermöglichen.

Nur selten kommt die Verhängung eines Fahrverbots neben einer Fahrerlaubnisentziehung nach § 69 StGB in Betracht; grundsätzlich setzt das Fahrverbot nämlich voraus, dass der Täter (noch) nicht ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen i.S.d. § 69 StGB ist.[25] § 69 StGB soll daher vorrangig zu prüfen sein.[26]

[22] BGH, Beschl. v. 12.7.1979 – 4 StR 210/79 = BGHSt 29, 58 = VRS 57, 275 = NJW 1980, 130.
[23] Burmann in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, StVR, 24. Aufl. 2016, § 44 StGB Rn 8.
[24] Hierzu ausführlich: Krumm, Fahrverbot in Bußgeldsachen, 3. Aufl. 2014, § 7.
[25] Stree/Kinzig in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 44 Rn 2; Fischer, StGB, 63. Aufl. 2016, § 44 StGB Rn 3.
[26] OLG Celle, Urt. v. 4.1.1968 – 1 Ss 460/67 = NJW 1968, 1102; Fischer, StGB, 63. Aufl. 2016, § 44 StGB Rn 3 ("Fahrverbot und Entziehung der Fahrerlaubnis schließen sich grundsätzlich aus").

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