1. Wegrollende Einkaufswagen, die außerhalb des Geschäftslokals verwendet werden dürfen, können zu Beschädigungen von Kfz im öffentlichen Verkehrsraum führen. Einkaufswagen, die ein Kaufmarkt Kunden zur Verfügung stellt, können zum einen beim Be- oder Entladen Schäden an anderen Kfz herbeiführen, zum anderen können abgestellte Einkaufswagen bei unzureichenden Sicherungsmaßnahmen gegen ein Wegrollen sich in Bewegung setzen und im öffentlichen Verkehrsraum Fahrzeuge beschädigen.

2. Nach dem weit verstandenen Schutzzweck des § 7 StVG erfasst die Vorschrift alle durch den Straßenverkehr geprägten Schadensabläufe (vgl. BGH VersR 2005, 992). Zum Gebrauch und Betrieb des Kfz gehört das Be- und Entladen, so dass bei einem Wegrollen des Einkaufswagens während dieser Betriebsvorgänge ein Fall des § 7 StVG mit der Folge des Eintritts der KH-Versicherung (vgl. OLG Hamm VersR 1991, 652; OLG Düsseldorf NStZ-RR 2012, 218: bei unerlaubtem Entfernen von der Unfallstelle § 142 StGB erfüllt; AG Unna r+s 1995, 251; AG Frankfurt am Main NJW-RR 2004, 116) vorliegt.

Die Zuständigkeit der KH-Versicherung setzt erst mit dem unmittelbaren Bevorstehen des Be- und Entladevorgangs ein. War der Entladevorgang vollständig abgeschlossen und das Kfz wieder verschlossen, greift die Haftung des Kfz-Führers, ggf. die seiner Haftpflichtversicherung ein (vgl. Kreuter-Lange, in: Himmelreich/Halm, Handbuch des Fachanwalts Verkehrsrecht, 1. Aufl., Kapitel 19 Rn 39; Himmelreich/Halm/Bücken, Kfz-Schadensregulierung, Rn 9068)

3. Einen anderen rechtlichen Ansatz erfordert die Lösung der Konstellation, dass ein abgestellter Einkaufswagen, sei es wegen unzureichender Sicherung gegen Wegrollen, sei es durch das Verhalten Dritter in den öffentlichen Verkehrsraum gelangt und dort Schäden, etwa an einem dort befindlichen Kfz verursacht. Die Entscheidung des OLG Hamm fasst die seit einiger Zeit hierzu entwickelten Grundsätze zusammen. Nach ursprünglicher Ablehnung einer Haftung des Ladenbetreibers wegen fehlender Verletzung der Verkehrssicherungspflicht (vgl. LG Berlin VersR 1988, 720; AG Aachen VersR 1976, 300; AG Grevenbroich zfs 1989, 116; AG Marbach VersR 1986, 1246) wurde schließlich eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des Ladenbetreibers in Anschluss an einen Beitrag von Grüneberg (NZV 1992, 304) angenommen. Grüneberg belegte die mit der Bereitstellung von Einkaufswagen verbundene nicht unerhebliche Gefährdung Dritter und hielt es für den Ladenbetreiber für zumutbar, zum Schutz von Kunden und anderer Personen den Gefahren sich selbstständig machender Einkaufswagen vorzubeugen.

Die von dem Senat besprochenen Sicherungsmaßnahmen zur Verhinderung eines unbeabsichtigten Wegrollens oder einer gefahrträchtigen Verwendung Dritter durch eine abschließbare Kette sowie das sog. Pfandgeldsystem können durch eine Nachrüstung mit einer Feststellbremse vervollständigt werden. Bei dem Pfandgeldsystem werden die Einkaufswagen in einer Sammelstelle aneinander gekettet und können einzeln durch den Einwurf einer Münze in ein Schloss entnommen werden. Da bei dieser Sicherung die unberechtigte Entnahme durch Dritte zur Herbeiführung von Schäden nicht ausgeschlossen ist, bietet sich die Komplettierung des Schutzes durch den Einbau einer Feststellbremse an (vgl. LG Augsburg zfs 1989, 369; AG Grevenbroich zfs 1989, 116, 117; Grüneberg, a.a.O.; Greger, NZV 1989, 356).

RiOLG a.D. Heinz Diehl

zfs 1/2016, S. 15 - 17

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