[7] "… Das angefochtene Urteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand."

[8] Mit Recht hat das BG angenommen, dass die Kl. gegen den Bekl. aus übergegangenem Recht des Geschädigten nach § 119 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 Fall 2 SGB X in der seit dem 1.1.2001 geltenden Fassung einen Anspruch auf Ersatz ausgefallener Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung des Geschädigten für das Jahr 2010 (Zahlungsantrag) und die Folgejahre (Feststellungsantrag) hat.

[9] 1. a) Nach st. Rspr. des erkennenden Senats gehören Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zum Arbeitseinkommen des pflichtversicherten Arbeitnehmers. Verliert ein solcher Arbeitnehmer aufgrund einer verletzungsbedingten Arbeitsunfähigkeit seine Beschäftigung und entfällt deshalb die Beitragspflicht, muss der eintrittspflichtige Schädiger gem. den §§ 842, 843 BGB die Nachteile ersetzen, die dem Geschädigten durch diese Störung seines Versicherungsverhältnisses entstehen. Ist eine verletzungsbedingte Verkürzung späterer Versicherungsleistungen zumindest möglich, muss der Schädiger grds. schon bei Entstehung der Beitragslücken dafür sorgen, dass die soziale Vorsorge fortgesetzt wird und eine Verkürzung nicht eintritt. Zu diesem Zweck muss er, sofern das Rentenversicherungsrecht einen Weg zur Fortentrichtung von Beiträgen eröffnet, die ausfallenden Beiträge ersetzen (vgl. Senatsurt. v. 18.10.1977 – VI ZR 21/76, BGHZ 69, 347, 348 ff.; v. 15.4.1986 – VI ZR 146/85, BGHZ 97, 330, 331 f.; v. 10.12.1991 – VI ZR 29/91, BGHZ 116, 260, 263; v. 10.7.2007 – VI ZR 192/06, BGHZ 173, 169 Rn 12; v. 18.12.2007 – VI ZR 278/06, VersR 2008, 513 Rn 8 m.w.N.). Hingegen kann er den Geschädigten nicht darauf verweisen, diesem bei Erreichen des Rentenalters selbst eine Altersversorgung zu gewähren. Denn ein derartiger schuldrechtlicher Anspruch wäre einer Rentenanwartschaft in der Sozialversicherung wirtschaftlich nicht gleichwertig (vgl. Senatsurt. v. 10.4.1954 – VI ZR 61/53, VersR 1954, 277, 278; v. 17.1.1967 – VI ZR 91/65, BGHZ 46, 332, 334 f.; v. 19.10.1993 – VI ZR 56/93, VersR 1994, 186, 187). Diese Pflicht des Schädigers zur Erstattung von Rentenversicherungsbeiträgen besteht nicht nur, wenn der Geschädigte zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses bereits Mitglied der Sozialversicherung war, sondern auch dann, wenn er, wäre es nicht zu dem schädigenden Ereignis gekommen, eine versicherungspflichtige Tätigkeit aufgenommen hätte (vgl. Senatsurt. v. 19.10.1993 – VI ZR 56/93, VersR 1994, 186; v. 10.7.2007 – VI ZR 192/06, a.a.O. Rn 20; Staudinger/Vieweg, BGB, Neubearbeitung 2007, § 842 Rn 65).

[10] b) Besteht danach ein Schadensersatzanspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung, so geht dieser bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 119 Abs. 1 SGB X auf den Versicherungsträger über. Die Legalzession dient dazu sicherzustellen, dass der Schaden des Verletzten durch Naturalrestitution ausgeglichen wird, ohne dass es des Umwegs über eine Geltendmachung und anschließende Abführung durch den Versicherten selbst bedarf (Senatsurt. v. 25.1.2000 – VI ZR 64/99, BGHZ 143, 344, 350 und v. 18.12.2007 – VI ZR 278/06, a.a.O. Rn 9). Nach der seit dem 1.1.2001 geltenden Neufassung des § 119 SGB X durch das 4. Euro-Einführungsgesetz v. 21.12.2000 (BGBl I S. 1983) geht der Anspruch nach Abs. 1 S. 1 Hs. 1 der Vorschrift anders als nach früherem Recht nicht mehr nur dann auf den Versicherungsträger über, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung nachweist (Fall 1), sondern auch dann, wenn er nach dem Schadensereignis pflichtversichert wird (Fall 2; vgl. dazu BT-Drucks 14/4375 S. 61; Kater, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 119 SGB X Rn 14 [Stand: Dezember 2014]). Liegen die Voraussetzungen des § 119 Abs. 1 SGB X vor, ist zugleich die Anspruchsvoraussetzung, dass das Rentenversicherungsrecht einen Weg zur Fortentrichtung von Beiträgen eröffnen muss, erfüllt, weil die beim Versicherungsträger eingegangenen Beiträge oder Beitragsanteile nach § 119 Abs. 3 S. 1 SGB X in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge gelten.

[11] 2. Nach diesen Grundsätzen hat das BG die Voraussetzungen für den streitgegenständlichen Anspruch und seinen Übergang auf die Kl. zu Recht bejaht.

[12] a) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen ist der Geschädigte aufgrund des vom Bekl. zu vertretenden Hirnschadens erwerbsunfähig, während er ohne den Hirnschaden im Jahr 2010 und in den Folgejahren einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung (§ 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI) nachgegangen wäre. Es ist zu erwarten, dass aufgrund des verletzungsbedingten Ausfalls der Beiträge Ansprüche des Geschädigten auf Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert oder ganz entfallen werden. Um solche Einbußen abzuwenden, muss der eintrittspflichtige Bekl. die ausgefallenen Beiträge ersetzen. Die für den Zahlungsantrag maßgebliche Höhe der fiktiven Beiträge für das Jahr 2010 steht im Revisionsverfahren nicht mehr im Streit.

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