[9] "… Den Kl. steht kein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. a, Art. 5 Abs. 1 Buchst. c FluggastrechteVO zu. Zwar mussten sie bei dem Flug von Stuttgart nach Palma de Mallorca eine Ankunftsverspätung von mehr als drei Stunden hinnehmen, was grds. einen Ausgleichsanspruch nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung begründet (EuGH, Urt. v. 19.11.2009 – C-402/07, Slg. 2009, I-10923 = NJW 2010, 43 = RRa 2009, 282 Sturgeon/Condor; Urt. v. 23.10.2012 – C-581/10, NJW 2013, 671 = RRa 2012, 272 Nelson/Lufthansa; BGH, Urt. v. 18.2.2010 – Xa ZR 95/06, NJW 2010, 2281 = RRa 2010, 93; Urt. v. 7.5.2013 – X ZR 127/11, RRa 2013, 237 = NJW-RR 2013, 1065). Die Verspätung ist jedoch durch von der Bekl. nicht zu vermeidende außergewöhnliche Umstände i.S.v. Art. 5 Abs. 3 der Verordnung verursacht worden, die diesen Anspruch ausschließen."

[10] 1. Das BG hat zutreffend angenommen, dass der Streik der Fluglotsen in Griechenland, dessentwegen Eurocontrol die Kontrolle über den Luftraum übernommen und dem Flug von München nach Korfu eine spätere Startzeit zugeteilt hatte, geeignet war, außergewöhnliche Umstände i.S.d. Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO zu begründen.

[11] a) Der Begriff der außergewöhnlichen Umstände, der weder in Art. 2 noch in sonstigen Vorschriften der Verordnung definiert ist, verlangt nach seinem Wortlaut, dass die ggf. zu einem Wegfall der Ausgleichspflicht führenden Umstände außergewöhnlich sind, das heißt nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entsprechen, sondern außerhalb dessen liegen, was üblicherweise mit dem Ablauf der Personenbeförderung im Luftverkehr verbunden ist oder verbunden sein kann. Es sollen Ereignisse erfasst werden, die nicht zum Luftverkehr gehören, sondern als jedenfalls i.d.R. von außen kommende besondere Umstände seine ordnungs- und planmäßige Durchführung beeinträchtigen oder unmöglich machen können. Umstände, die im Zusammenhang mit einem dem Luftverkehr störenden Vorfall wie einem technischen Defekt auftreten, können nur dann als außergewöhnlich i.S.v. Art. 5 Abs. 3 der Verordnung qualifiziert werden, wenn sie auf ein Vorkommnis zurückgehen, das, wie die in Erwägungsgrund 14 der Verordnung aufgezählten, nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftverkehrsunternehmens und aufgrund seiner Natur oder Ursache von diesem tatsächlich nicht zu beherrschen ist (EuGH, Urt. v. 22.12.2008 – C-549/09, NJW 2009, 347 = RRa 2009, 35 Rn 23 Wallentin-Hermann/Alitalia; Urteil Sturgeon/Condor, a.a.O.; Urt. v. 31.1.2013 – C-12/11, NJW 2013, 921 = RRa 2013, 81 McDonagh/Ryanair). Der BGH hat hieraus abgeleitet, dass technische Defekte, wie sie beim Betrieb eines Flugzeugs typischerweise auftreten, grds. keine außergewöhnliche Umstände begründen, sondern Teil der normalen Tätigkeit des betroffenen Luftverkehrsunternehmens sind (BGH, Urt. v. 12.11.2009 – X ZR 76/07, NJW 2010, 1070 = RRa 2010, 34 Rn 23; Urt. v. 21.8.2012 – X ZR 138/11, BGHZ 194, 258 Rn 16; Urt. v. 24.9.2013 – X ZR 160/12, NJW 2014, 861 = RRa 2014, 25 Rn 10). Dabei unterliegt die Prüfung, ob ein technisches Problem auf ein Vorkommnis zurückzuführen ist, das nicht Teil der normalen Ausführung der Tätigkeit des betroffenen Luftverkehrsunternehmens und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen ist, dem nationalen Richter (EuGH, Wallentin-Hermann/Alitalia, a.a.O. Rn 27); sie ist grds. Aufgabe des Tatrichters (BGHZ 194, 258 Rn 17; BGH NJW 2014, 861 Rn 11).

[12] Die für technische Defekte entwickelten Maßstäbe sind auch dann heranzuziehen, wenn Vorkommnisse wie etwa die in Erwägungsgrund 14 beispielhaft genannten Fälle politischer Instabilität, mit der Durchführung eines Flugs nicht zu vereinbarende Wetterbedingungen, Sicherheitsrisiken und den Betrieb eines Luftverkehrsunternehmens beeinträchtigende Streiks als Ursache außergewöhnlicher Umstände in Betracht kommen (zur Ankündigung eines Pilotenstreiks als Ursache außergewöhnlicher Umstände vgl. BGHZ 194, 258 Rn 17).

[13] b) Nach diesen Maßstäben hat das BG zu Recht angenommen, dass der Streik der griechischen Fluglotsen außergewöhnliche Umstände begründen konnte.

[14] (1) Bei diesem Streik, der infolge der Übernahme der Vergabe der Startzeiten durch Eurocontrol zu Verspätungen bei den Griechenlandflügen und infolgedessen auch zu Verzögerungen bei nachfolgend vorgesehenen Umläufen führte, handelt es sich um einen Umstand, der die Luftverkehrsabläufe im europäischen Luftraum beeinträchtigte, da die Sicherheit des Luftverkehrs trotz der gegebenen widrigen Umstände aufrechterhalten werden musste und Verspätungen bei den unmittelbar betroffenen Flügen mithin jedenfalls von den Luftverkehrsunternehmen nicht verhindert werden konnten. (Primäre) Ursache der Verspätung war folglich ein von außen auf den gesamten Flugbetrieb und auf die normale Tätigkeit der Luftverkehrsunternehmen einwirkender Umstand. Wie sonstige Ausfälle und Beeinträchtigungen bei der Überwachungs- und Sicherungstätigkeit der Fluglotsen konnten die streikbedingten Gegebenheiten von dem einzelnen Luftverkeh...

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