OWiG § 74

Leitsatz

Im Falle der Einspruchsverwerfung nach § 74 Abs. 2 OWiG muss der Einspruch zwingend verworfen werden – ein Absehen vom Fahrverbot kann nicht ausgeurteilt werden.

(Leitsatz des Einsenders)

OLG Hamm, Beschl. v. 22.8.2011 – III-1 RBs 139/11

Sachverhalt

Dem Betroffenen wurde vorgeworfen, am 7.10.2009 mit einem Pkw die innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit um 35 km/h überschritten zu haben. Durch Bußgeldbescheid wurde gegen ihn eine Geldbuße i.H.v. 160 EUR verhängt sowie ein Fahrverbot von einem Monat festgesetzt.

Den Einspruch des Betroffenen gegen diesen Bußgeldbescheid hat das AG mit Beschl. v. 10.2.2010 verworfen. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Betroffenen hatte Erfolg. Das OLG hat mit Beschl. v. 12.4.2010 den angefochtenen Beschluss aufgehoben und die Sache an das AG zurückverwiesen, weil das AG den Beschluss nicht begründet hatte.

Zu der erneuten Hauptverhandlung vom 11.3.2011 vor dem AG Siegen waren weder der Betroffene noch sein Verteidiger erschienen. Das AG hat daraufhin folgendes Urteil verkündet:

"Der Einspruch des Betroffenen vom 7.12.2009 gegen den Bußgeldbescheid des Kreises Siegen-Wittgenstein vom 3.12.2009 wird mit der Maßgabe verworfen, dass von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen wird."

Zur Begründung hat das AG ausgeführt, dass der Betroffene trotz ordnungsgemäßer Ladung zum Hauptverhandlungstermin ohne Entschuldigung nicht erschienen sei. Von der Verhängung eines Fahrverbotes sei abgesehen worden, "da dem Betroffenen bereits durch rechtskräftige Ordnungsverfügung des Oberbergischen Kreises vom 26.3.2010 die Fahrerlaubnis entzogen worden sei."

Gegen diese Entscheidung richtet sich die mit der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründete Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Siegen. Auch der Betroffene hat das Urteil angefochten und die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt.

Das OLG verwirft den Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet. Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft hebt das OLG das Urteil des AG auf und verweist die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AG zurück.

2 Aus den Gründen:

“… . II. … . Das AG hat den Einspruch des Betroffenen gem. § 74 Abs. 2 OWiG verworfen, weil dieser zum Hauptverhandlungstermin trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen war. Liegen aber die Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 OWiG vor, muss der Richter den Einspruch des Betroffenen ohne Verhandlung zur Sache durch Urteil verwerfen. Die nach dem früheren Rechtszustand dem Richter eröffnete Ermessensentscheidung, trotz unentschuldigtem Ausbleibens des Betroffenen in Ausnahmefällen sachlich entscheiden zu können, hat der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 74 Abs. 2 OWiG abgeschafft. Das AG war deshalb nicht befugt, eine Sachentscheidung zu treffen und hätte deshalb nicht von der Verhängung eines Fahrverbotes absehen dürfen.

III. Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde war zu verwerfen, da es nicht geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rspr. zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben (§ 80 Abs. 1, 2, 4 S. 3 OWiG). …“

Mitgeteilt von RiAG Carsten Krumm, Datteln

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