[8] “… II. Die Revision der Kl. ist unbegründet. Das BG hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) angenommen, dass die Bekl. die Erteilung der von der Kl. beantragten Fahrerlaubnis der Klassen C, CE, D, D1, DE und D1E vom vorherigen erfolgreichen Ablegen einer praktischen Fahrprüfung abhängig machen durfte und ihren Antrag daher zu Recht abgelehnt hat. Auf der Grundlage der Feststellungen des BG, gegen die die Kl. keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen geltend gemacht hat und die den erkennenden Senat daher binden (§ 137 Abs. 2 VwGO), liegen Tatsachen i.S.v. § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FeV vor, die die Annahme rechtfertigen, dass der Kl. die Befähigung zum Führen von Kfz der genannten Klassen mittlerweile fehlt.

[9] 1. Gem. § 24 Abs. 2 FeV sind, falls – wie bei der Kl. – die Geltungsdauer einer vorherigen Fahrerlaubnis der in Abs. 1 S. 1 genannten Klassen bei Antragstellung abgelaufen ist, Abs. 1 S. 1 und 3 und § 23 Abs. 1 S. 3 auch bei der Erteilung einer Fahrerlaubnis der entsprechenden Klasse anzuwenden. Nach dem damit in Bezug genommenen § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FeV wird die Geltungsdauer der Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE und D1E jeweils um die in § 23 Abs. 1 S. 2 angegebenen Zeiträume verlängert, wenn keine Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass eine der sonstigen aus den §§ 7 bis 19 ersichtlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis fehlt. Aus § 15 S. 1 FeV und § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 StVG ergibt sich, dass der Bewerber um eine Fahrerlaubnis seine Befähigung in einer theoretischen und einer praktischen Prüfung nachzuweisen hat. Gem. § 17 Abs. 1 S. 1 FeV hat der Bewerber in der praktischen Prüfung nachzuweisen, dass er über die zur sicheren Führung eines Kfz, gegebenenfalls mit Anhänger, im Verkehr erforderlichen technischen Kenntnisse und über ausreichende Kenntnisse einer umweltbewussten und energiesparenden Fahrweise verfügt sowie zu ihrer praktischen Anwendung fähig ist; nach S. 2 dieser Regelung müssen Bewerber um eine Fahrerlaubnis der Klassen D, D1, DE oder D1E darüber hinaus ausreichende Fahrfertigkeiten nachweisen.

[10] Bei der von der Fahrerlaubnisbehörde auf der Grundlage von § 24 Abs. 1 und 2 FeV zu treffenden Entscheidung über die Verlängerung oder – wenn die bisherige Fahrerlaubnis bei Antragstellung bereits abgelaufen war – die (erneute) Erteilung einer Fahrerlaubnis für Omnibusse oder Lkw handelt es sich um eine gebundene Entscheidung. Der Bewerber hat unter den in § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 FeV genannten Voraussetzungen einen Anspruch auf deren Verlängerung oder (erneute) Erteilung. Einen Beurteilungsspielraum bei der Beantwortung der Frage, ob dem Hinderungsgründe i.S.d. § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FeV entgegenstehen, hat die Fahrerlaubnisbehörde nicht; ihre Bewertung unterliegt in vollem Umfang der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung. Das VG ist bei dieser Überprüfung, wie sich ohne Weiteres aus § 86 VwGO ergibt, auch nicht auf die von der Fahrerlaubnisbehörde getroffenen Feststellungen und die von ihr angeführten Tatsachen beschränkt.

[11] Ob Tatsachen i.S.d. § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FeV vorliegen, die den Schluss erlauben (“rechtfertigen’), dass die nach § 15 und § 17 FeV erforderlichen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten nicht (mehr) vorhanden sind, ist – wovon auch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung als Verordnungsgeber ausgeht – im Wege einer Gesamtschau zu beurteilen. Wenn § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FeV auf “Tatsachen’ abstellt, ist damit das Gesamtbild der relevanten Tatsachen gemeint. Vorzunehmen ist danach eine umfassende Würdigung des jeweiligen Einzelfalls, bei der sowohl die für als auch die gegen die Erfüllung der betreffenden Erteilungsvoraussetzung sprechenden tatsächlichen Umstände zu berücksichtigen und abzuwägen sind. Dazu gehört auch und in erster Linie die Zeitdauer einer fehlenden Fahrpraxis.

[12] Nach § 24 Abs. 2 FeV in der bis zum Inkrafttreten der Vierten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften v. 18.7.2008 (BGBl I, S. 1338) geltenden alten Fassung war Abs. 1 auch bei der Erteilung einer Fahrerlaubnis der entsprechenden Klasse anzuwenden, wenn seit dem Ablauf der Geltungsdauer der vorherigen Fahrerlaubnis bis zum Tag der Antragstellung nicht mehr als zwei Jahre verstrichen waren. Daraus ergab sich, dass die Fahrerlaubnisbehörde, ohne dass ihr insofern ein eigener Entscheidungsspielraum verblieb, das Ablegen einer nochmaligen Fahrprüfung jedenfalls immer dann zu fordern hatte, wenn der genannte Zeitraum überschritten war. Von diesem Automatismus hat der Verordnungsgeber mit der Vierten Verordnung zur Änderung der FeV und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften Abstand genommen. Damit, dass sich Lkw- und Busfahrer, deren Fahrerlaubnis nicht mehr gültig sei, künftig vor der Neuerteilung ihrer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E (Lkw), D, D1, DE, D1E (Busse) auch dann nicht mehr einer erneuten Fahre...

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