I. 1. Der tenorierte Anspruch ergibt sich für den Beklagten zu 1 aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 Satz 1 StVG für die Beklagte zu 2 aus § 7 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG, § 1 Satz 1 PflVG. Die gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten folgt jedenfalls aus § 421 Satz 1 BGB.

Zu entscheiden war nur über die Höhe des zu ersetzenden Schadens, da die Alleinhaftung der Beklagten dem Grunde nach unstreitig ist. Der Kläger kann die Zahlung einer weiteren Nutzungsausfallentschädigung von 1.750,00 EUR, sowie Ersatz für Desinfektionskosten in Höhe von 26,31 EUR und für die Kosten einer Fahrzeugreinigung wie einer Probefahrt in Höhe von jeweils 39,17 EUR verlangen. Weitergehende Ansprüche hat er nicht.

a) Der Kläger kann von den Beklagten eine Nutzungsausfallentschädigung für weitere 35 Tage in Höhe von 1.750,00 EUR (50,00 pro Tag verlangen).

Der Berechtigte eines privat genutzten Kraftfahrzeugs hat einen gewohnheitsrechtlichen Anspruch auf Ersatz für die entgangene Nutzungsmöglichkeit, wenn er keinen Ersatzwagen anmietet und über einen Nutzungswillen wie auch eine hypothetische Nutzungsmöglichkeit verfügt (Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Aufl. 2021, § 249 Rn 40 ff.). Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger wollte das Fahrzeug für seinen Arbeitsweg nutzen und hätte es ohne den Unfall auch nutzen können. Eine Nutzungsausfallentschädigung von 50,00 EUR pro Tag ist ortsüblich und angemessen, was auch die Parteien übereinstimmend annehmen.

Der Ersatzanspruch des Klägers ist auch nicht aufgrund eines Verstoßes gegen dessen Schadensminderungsobliegenheit nach § 254 Abs. 1 BGB ausgeschlossen oder gemindert. Nach dieser Norm hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist, wenn bei der Schadensentstehung ein Verschulden des Geschädigten mitgewirkt hat. Der Anspruchsverpflichtete trägt die Beweislast dafür, dass den Anspruchsberechtigten ein Verschulden trifft und dieses für den Schaden (mit-)ursächlich war (Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Aufl. 2021, § 254 Rn 72). Soweit es jedoch um Umstände aus der Sphäre des Anspruchsberechtigten geht, trifft diesen eine sekundäre Darlegungslast. Er hat dementsprechend darzutun, was er zur Schadensminderung unternommen hat (BGH, Urt. v. 22.5.1984 – III ZR 18/83 –, Rn 63, juris; BGH, Urt. v. 29.9.1998 – VI ZR 296/97 –, Rn 8, juris). Hat der Anspruchsverpflichtete die von dem Anspruchsberechtigten im Rahmen von dessen sekundärer Darlegungslast behaupteten Umstände widerlegt, also zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass das konkrete Vorbringen unwahr ist, ist ein kausales Mitverschulden als bewiesen anzusehen (vgl. BGH, Urt. v. 19.7.2019 – V ZR 255/17 –, Rn 51, juris).

aa) Ein anspruchsminderndes Mitverschulden des Klägers besteht nicht darin, dass er nicht auf ein ihm zur Verfügung stehendes Ersatzfahrzeug zurückgegriffen hätte.

Aufgrund seiner Schadensminderungsobliegenheit muss sich der Geschädigte im Rahmen des Zumutbaren auf die Nutzung anderer Fahrzeuge wie etwa eines Zweitwagens verweisen lassen (MüKo, Straßenverkehrsrecht/Almeroth, 2017, § 249 Rn 304 m.w.N.). Es steht jedoch nicht zur Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) fest, dass dem Kläger ein Zweitwagen zur Verfügung stand. Er ist insoweit seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen und hat dem Gericht eindrucksvoll geschildert, welchen Erschwernissen er sich mangels Zweitwagens ausgesetzt sah. Er hat angegeben, aus diesem Grund auf eine Mitfahrt bei Kollegen und Verwandten angewiesen gewesen zu sein, Teilstrecken mit dem Fahrrad zurückgelegt zu haben und manchmal gar auf Arbeit geschlafen zu haben.

Das Gericht konnte sich nicht von der Unwahrheit dieser Angaben überzeugen. Die Beklagten sind den Beweis des Gegenteils nicht angetreten. Die Behauptungen des Klägers lassen sich entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht als unglaubhaft abtun, weil unklar bleibe, welche einzelnen Teilstrecken der Kläger wie genau zurückgelegt habe. Man würde die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast überspannen, wenn man dem Kläger abverlangen würde, für jeden der 35 im Streit stehenden Tage im Einzelnen darzutun, wie er Hin- und Rückweg bestritten hat. Das Gericht hält es auch nicht wie die Beklagten für unplausibel, dass der Kläger ab Mitte April Fahrrad gefahren ist.

bb) Ebenso wenig hat der Kläger seine Schadensminderungsobliegenheit dadurch verletzt, dass er nicht ausreichend auf eine zeitnahe Reparatur hingewirkt hätte.

Grundsätzlich obliegt es dem Geschädigten, sich nach dem Grund für eine außergewöhnliche Reparaturlänge zu erkundigen und sich nach einem alternativen Reparaturbetrieb umzusehen, wenn sich Zweifel aufdrängen, dass die gewählte Werkstatt die Reparaturleistung in angemessener Zeit erbringen wird (OLG Saarbrücken, Urt. v. 23.3.2010 – 4 U 504/09 –, Rn 33, juris).

Der Kläger hat im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast substantiiert vorgetragen, dass er die...

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