Die BGH-Entscheidung[88] zeigt, dass das Zessionsrecht auch zu Spannungen in anderen Drittleistungsbereichen (konkret Arbeitsrecht) führen kann.

Der BGH bestätigt zunächst, dass für Arbeitgeber – wie schon zuvor zum Regress der Krankenkasse[89] – dieselben Grundsätze für die erfolgreiche Geltendmachung eines Regressanspruches Anwendung finden als wenn der Arbeitnehmer seinen Schadenersatzanspruch (Verdienstausfall) selbst geltend machen würde. Der BGH[90] verdeutlicht, dass für den Rückgriff eines Drittleistungsträgers eben nicht relevant ist, ob dieser im Zusammenhang mit einem Haftpflichtgeschehen Aufwendungen hat, sondern dass es entscheidend für den Regress darauf ankommt, ob zunächst ein entsprechender kongruenter Schadenersatzanspruch in der Person des unmittelbar Verletzten entstanden und anschließend auf den Drittleistungsträger auch übergegangen ist. Der Forderungsübergang verändert nicht die zivilrechtliche Grundlage. Diese Trennung hatte die in Bezug genommene Entscheidung[91] noch nicht sauber vorgenommen.

Der Nachweis der Arbeitsunfähigkeit im Arbeitsrecht (Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegenüber dem Arbeitgeber; siehe § 5 Abs. 1 S. 2, 3 EFZG) unterscheidet sich von den im zivilen Schadensersatzrecht geltenden Maßstäben entscheidend: Der zivilrechtliche Nachweis einer unfallkausalen Körper-/Gesundheitsverletzung verlangt den Strengbeweis (§ 286 ZPO), bloßer Verletzungsverdacht reicht nicht.[92] Durch Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird – wie der BGH eingangs zutreffend betont – dieser Nachweis nicht geführt. Arbeitsrechtlich reicht (jedenfalls für die ersten 3 Tage) die (objektiv ungeprüfte) Selbsteinschätzung des Arbeitnehmers, er sei nicht arbeitsfähig.

Unerwähnt lässt der BGH, dass Bagatellverletzungen keine Ersatzansprüche auslösen.[93]

[88] BGH, Urt. v. 23.6.2020 – VI ZR 435/19 – DAR 2020, 501 (Anm. Burmann/Jahnke).
[89] BGH, Urt. v. 17.9.2013 – VI ZR 95/13 – NZV 2014, 23 (LG Chemnitz Urt. v. 14.2.2014 – 6 S 264/11 hat nach Zurückverweisung nach erneuter Beweisaufnahme die Klage abgewiesen).
[92] OLG Oldenburg, Urt. v. 27.3.2001 – 12 U 03/01 – DAR 2001, 313; Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 26. Aufl. 2020, vor § 249 BGB Rn 111 ff.
[93] BGH, Urt. v. 30.4.1996 – VI ZR 55/95 – DAR 1996, 351 = NZV 1996, 353.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge