Die Entscheidung des OLG Stuttgart hat ihre Grundlage darin, dass der vom JVEG vorgesehene Stundensatz des gerichtlich bestellten Sachverständigen in so manchen Fällen nicht auskömmlich ist und die für solche Fälle vorgesehenen Möglichkeiten in der Praxis nicht hinreichend bekannt sind, jedenfalls oft nicht richtig umgesetzt werden.

Gesetzliche Vergütung des Sachverständigen

Der gerichtlich bestellte Sachverständige erhält gem. § 8 Abs. 1 JVEG aus der Staatskasse ein Honorar für seine Leistungen, Fahrtkostenersatz, Entschädigung für Aufwand sowie Ersatz für sonstige und für besondere Aufwendungen. Das in § 9 Abs. 1 JVEG geregelte Honorar für die Leistung des Sachverständigen orientiert sich an der dort aufgeführten im Einzelfall einschlägigen Honorargruppe. Nach Nr. 20 der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG ist für die wohl auch hier in Betracht kommende Sachgebietsbezeichnung "Fahrzeugschäden und -bewertung" die Honorargruppe 8 vorgesehen, für die ein Stundenhonorar i.H.v. 100 EUR bestimmt ist. Gutachten über Kfz werden jedoch immer komplexer. Dies zeigt gerade die in den letzten Jahren aufgetretene Frage, welche Auswirkungen unzulässige Abschaltvorrichtungen in Motoren haben können, was von den Kfz-Herstellern blumig "Dieselthematik" genannt wird. Bei der Begutachtung derartiger Fahrzeuge sind viele komplexe Vorgänge zu berücksichtigen, die mit der gesetzlichen Vergütung des Sachverständigen vielfach nicht angemessen honoriert werden.

Besondere Vergütung

Der Gesetzgeber hat das Problem der nicht ausreichenden gesetzlichen Vergütung gesehen und in § 13 JVEG die Voraussetzungen für eine besondere Vergütung des Sachverständigen geregelt. Diese Voraussetzungen liegen allerdings nicht in jedem hierfür in Betracht kommenden Fall vor. Gem. § 13 Abs. 1 S. 1 JVEG können sich beide Parteien mit einer bestimmten, von der gesetzlichen Regelung abweichenden, Vergütung des Sachverständigen einverstanden erklären. Im Fall des OLG Stuttgart hatte der Kl. der Zahlung einer Vergütung an den Sachverständigen X i.H.v. 180 EUR je Stunde jedoch nicht zugestimmt. Hat nur eine der Parteien der (höheren) Vergütung des Sachverständigen zugestimmt, so kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 JVEG der vom Sachverständigen vorgeschlagenen (höheren) Vergütung zustimmen. Die Zustimmung des Gerichts setzt jedoch einmal voraus, dass das Doppelte des gem. § 9 oder § 11 JVEG zulässigen Honorars nicht überschritten wird, was hier nicht der Fall war. Als weitere Voraussetzung bestimmt das Gesetz, dass sich zu dem gesetzlich bestimmten Honorar keine geeignete Person zur Übernahme der Tätigkeit bereiterklärt. Die Verweigerung der Zustimmung des Gerichts zum vom Sachverständigen X vorgeschlagenen Stundensatz beruhte hier wohl auf dieser zweiten Voraussetzung.

Keine Vergütung für Vorprüfung

Der gerichtlich bestellte Sachverständige hat gem. § 407a Abs. 1 ZPO unverzüglich zu prüfen, ob der Auftrag in sein Fachgebiet fällt und ohne Hinzuziehung weiterer Sachverständiger sowie innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist erledigt werden kann. Wenn dies nicht der Fall ist, hat der Sachverständige das Gericht unverzüglich hierüber zu verständigen. Außerdem hat der Sachverständige gem. § 407a Abs. 2 ZPO unverzüglich zu prüfen, ob ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Derartige Gründe hat der Sachverständige dann dem Gericht unverzüglich mitzuteilen.

Der für diese Vorprüfung aufgewendete Zeitaufwand des Sachverständigen ist grds. nicht vergütungsfähig. Das JVEG sieht eine Vergütung des Sachverständigen nur für die für die Erstellung des Gutachtens aufgewandte Zeit vor (so bereits BGH MDR 1979, 754 für das ZSEG). Dies gilt auch für die Prüfung, ob der Sachverständige überhaupt in der Lage ist, das erforderte Gutachten zu erstellen (siehe BGH NJW 2002, 2253; Hagen Schneider, JVEG, 3. Aufl. 2018, § 8a JVEG Rn 44). Allerdings kann dem gerichtlich bestellten Sachverständigen ein Anspruch gegen die Staatskasse auf Ersatz seiner baren Auslagen für die Vorprüfung, wie Porto oder Telefonkosten, nach Maßgabe der §§ 7, 12 JVEG zustehen.

Wegfall oder Beschränkung des Vergütungsanspruchs

Unter welchen Voraussetzungen der Anspruch des gerichtlich bestellten Sachverständigen auf Vergütung entfällt oder beschränkt wird, regelt der durch das 2. KostRMoG mit Wirkung zum 1.7.2013 eingefügte § 8a JVEG. Ausdrücklich geregelt ist in § 8a Abs. 2 Nr. 4 JVEG der Fall, dass der Sachverständige trotz Festsetzung eines weiteren Ordnungsgeldes seine Leistung nicht vollständig erbracht hat. Das OLG Stuttgart wendet diese Vorschrift auch auf den hier vorliegenden Sachverhalt an, in dem sich der Sachverständige von Anfang an weigert, dem Gutachtenauftrag nachzukommen, wenn nicht der von ihm verlangte Stundensatz gezahlt wird. Voraussetzung hierfür ist nach Auffassung des OLG Stuttgart, dass das Prozessgericht zuvor gegen den Sachverständigen gem. § 409 Abs. 1 S. 2 ZPO ein Ordnungsgeld, dies gem. § 409 Abs. 1 S. 3 ZPO ggf. wiederholt...

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