"… II."

[6] Die gem. § 4 Abs. 3 JVEG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Sachverständigen hat auch in der Sache Erfolg.

[7] Die Voraussetzungen für eine Festsetzung der Vergütung des Sachverständigen auf 0 EUR liegen – zumindest derzeit – nicht vor.

[8] Zu Recht weist das LG darauf hin, dass der öffentlich bestellte, beschwerdeführende Sachverständige nach § 407 Abs. 1 ZPO verpflichtet war, das mit Beweisbeschluss vom 14.12.2018 angeordnete Gutachten zu erstatten unabhängig davon, ob die Parteien den von ihm beanspruchten, von den gesetzlichen Regelungen abweichenden Vergütungssätzen nach § 13 Abs. 1 JVEG zustimmen oder nicht. Die Heranziehung eines Sachverständigen durch das Gericht ist eine staatlich hoheitliche Beanspruchung, die nicht den Regeln des Vertragsrechts unterliegt (OVG Berlin JurBüro 2001, 485; Hartmann, KostG, 48. Aufl., § 1 JVEG, Rn 11). Die mit dem Beweisbeschluss vom 14.12.2018 begründete Verpflichtung des Sachverständigen wurde nicht durch seine Mitteilung, er gebe den Auftrag zurück, beendet. Vielmehr liegt eine gerichtliche Entpflichtung bislang nicht vor und kann insb. nicht in der mit der Beschwerde angegriffenen Entscheidung des Einzelrichters gesehen werden.

[9] Mit der Rücksendung der Akten und der “Rückgabe des Auftrags' bringt der Sachverständige allerdings zum Ausdruck, dass er die angeordnete Erstellung eines Gutachtens verweigert. Die Folgen einer solchen Weigerung sind in § 409 ZPO geregelt. Danach hat das Gericht dem Sachverständigen die durch die Verweigerung des Gutachtens verursachten Kosten aufzuerlegen und gegen ihn ein Ordnungsgeld festzusetzen; im Falle wiederholten Ungehorsams kann das Ordnungsgeld noch einmal festgesetzt werden (§ 409 Abs. 1 S. 3 ZPO). Die Auswirkung des Ungehorsams auf den Vergütungsanspruch des Sachverständigen regelt die Vorschrift nicht. In Rechtsprechung und Literatur wird hierzu vertreten, dass ein Sachverständiger, der infolge seiner Verweigerung entpflichtet wird, auch seinen Vergütungsanspruch verliert (OVG Berlin, a.a.O.; Brandenburgisches OLG MDR 2005, 1131; LG Kiel, Beschl. v. 20.3.2008 – 11 O 110/07; LG Stuttgart, Beschl. v. 3.6.2014 – 11 O 293/12; Meyer/Höver/Bach/Oberlack/Jahnke, JVEG, 27. Aufl., § 8a, Rn 28; Zimmermann in: MüKo-ZPO, 5. Aufl., § 413, Rn 4; Scheuch in: BeckOK-ZPO, 31. Edition, § 413, Rn 7).

[10] Eine gesetzliche Regelung über einen möglichen Wegfall oder eine mögliche Beschränkung ist mit § 8a JVEG geschaffen worden. Die Vorschrift wurde mit Wirkung ab 1.8.2013 eingeführt, weil das JVEG bis dato keine Regelungen darüber enthielt, unter welchen Voraussetzungen ein Sachverständiger wegen eigenen Verschuldens den Anspruch auf seine Vergütung ganz oder teilweise verliert (BT-Drucks 17/11471 [neu], S. 145 f.). Mit § 8a JVEG sollte das Schicksal des Vergütungsanspruchs für Fälle der nicht ordnungsgemäßen Leistungserbringung gesetzlich geregelt werden, nachdem die Rechtsprechung in einer Vielzahl von Entscheidungen entsprechende Kriterien hierzu entwickelt hatte (BT-Drucks 17/11471 [neu], S. 146). Mit § 8a Abs. 2 S. 1 Nr. 4 JVEG sollte “nur für den Fall, dass die gesetzlich beschriebenen Ordnungsmittel (Ordnungsgeld wegen Fristversäumnis und wegen wiederholter Fristversäumnis) fruchtlos bleiben', der Vergütungsanspruch in der Weise gemindert werden, dass dieser auf den Umfang der verwertbaren Leistungen beschränkt wurde (BT-Drucks 17/11471 [neu], S. 260). Wenngleich diese Begründung des Gesetzesentwurfs zu § 8a Abs. 2 S. 1 Nr. 4 JVEG in dem Klammerzusatz nur auf die Ordnungsmittel wegen Fristversäumnis nach § 411 Abs. 2 ZPO – und nicht auf die des § 409 Abs. 1 ZPO – Bezug nimmt, ergibt sich aus der Entwurfsbegründung dennoch, dass die Fälle, in denen der Sachverständige seinen Vergütungsanspruch ganz oder teilweise verliert, unter Ablösung des Richterrechts abschließend geregelt werden sollten (Hartmann, a.a.O., § 8a JVEG Rn 31). Hieraus folgt nach Auffassung des Senats, dass auch ein Sachverständiger, der infolge der Verweigerung eines Gutachtens entpflichtet wird, seinen Vergütungsanspruch grds. nur unter den Voraussetzungen des § 8a Abs. 2 S. 1 Nr. 4 JVEG – also nach erfolgloser Festsetzung von Ordnungsgeld – verlieren kann und dass die bisherige Rechtsprechung hierzu mit Wirksamwerden des § 8a JVEG obsolet wurde (Binz, GKG – FamGKG – JVEG, 3. Aufl., § 8a JVEG Rn 1 a.E.). Eine Verkürzung des Vergütungsanspruchs bei anfänglicher, schriftlich erklärter Verweigerung des Sachverständigen unter Verzicht auf die vorherige erfolglose Festsetzung von Ordnungsgeld mit der Begründung, in einem solchen Falle sei nicht damit zu rechnen, dass der Sachverständige im weiteren Verlauf des Verfahrens doch noch seine Verpflichtung zur Erstellung eines Gutachtens erfüllen werde, so dass ein weiteres Zuwarten überflüssig und den Parteien nicht zumutbar sei, kommt damit nicht in Betracht. Die Regelung in § 409 Abs. 1 ZPO, die das zweimalige Verhängen von Ordnungsgeld ermöglicht, zeigt, dass der Gesetzgeber durchaus davon ausging, au...

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