"… II."

Die Beschwerde des Antragsstellers ist zulässig und begründet.

Ihre Begründung genügt (noch) den an die Darlegung der Beschwerdegründe unter Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung (§ 146 Abs. 4 S. 3 VwGO) zu stellenden Anforderungen.

Um sich i.S.d. § 146 Abs. 4 S. 3 VwGO mit der angefochtenen Entscheidung auseinanderzusetzen, muss ein Beschwerdeführer von der Begründungsstruktur dieser Entscheidung ausgehen und das Entscheidungsergebnis in Frage stellen (Stuhlfauth in: Bader u.a., VwGO, 7. Aufl. 2018, § 146 Rn 31). Er muss i.d.R. den einzelnen tragenden Begründungselementen der angefochtenen Entscheidung geeignete Gegenargumente konkret gegenüberstellen und – soweit möglich – deren Vorzugswürdigkeit darlegen (NdsOVG, Beschl. v. 16.11.2016 – 12 ME 132/16 –, ZNER 2017, 70 ff., hier zitiert nach juris, Rn 56, und Beschl. v. 10. 2. 2014 – 7 ME 105/13 –, juris, Rn 26). Die Dichte der geforderten Auseinandersetzung darf sich dabei allerdings an der Dichte der Gründe des angefochtenen Beschlusses orientieren (vgl. Happ in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 146 Rn 22a).

Der Antragsteller wendet sich zu Recht unter Bezugnahme auf die neuere Rechtsprechung des BVerwG gegen die Ansicht des VG, der Ausgang des Hauptsacheverfahrens sei offen. Zwar wiederholt er im Wesentlichen nur die einer Presseerklärung entnommene Rechtssätze dieser Rechtsprechung, die bereits das VG angeführt hatte. Die Vorinstanz hatte sich jedoch einer ablehnenden eigenen Bewertung dieser Rechtssätze enthalten. Aus diesem Grunde reicht es aus, dass sich der Antragsteller im Zuge seiner Darlegungen nur diese Rechtssätze zu eigen macht, ohne deren Richtigkeit tiefer zu begründen.

Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die Entziehungsverfügung des Antragsgegners ist gem. § 80 Abs. 5 VwGO wiederherzustellen, weil das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung der Entziehungsverfügung vom 14.3.2019 überwiegt. Denn die zur Hauptsache erhobene Klage wird mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg haben, weil die Entziehung der Fahrerlaubnis des Antragstellers voraussichtlich rechtswidrig ist und ihn in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Rahmen der Anfechtungsklage gegen eine Entziehungsverfügung ist der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, maßgeblich (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.4.2010 – BVerwG 3 C 2.10 –, BVerwGE 137, 10 ff., hier zitiert nach juris, Rn 11), hier also derjenige des Ergehens des Bescheides vom 14.3.2019. Abzustellen ist dabei zwar auf die damalige Rechtslage, dies aber in deren Interpretation nach der aktuellen Rechtserkenntnis des jeweils zur Entscheidung berufenen Gerichts. Es kommt also darauf an, wie damals das Recht objektiv auszulegen war, nicht wie es ehedem (überwiegend) ausgelegt wurde und was der Antragsgegner deshalb vertretbar für rechtens halten konnte. Eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, an deren Beurteilung von Rechtsfragen die Untergerichte außer nach einer Zurückverweisung (vgl. § 144 Abs. 6 VwGO) nicht gebunden sind, stellt keine Änderung der Rechtslage dar. Vielmehr bilden die Entscheidungsgründe höchstrichterlicher Urteile nur eine Auslegungshilfe, der im Hinblick auf die rechtsvereinheitlichende Funktion der Revisionsinstanz besonderes Gewicht zukommt. Solange solche Entscheidungsgründe nicht im Volltext veröffentlicht sind, muss jedes Untergericht selbst entscheiden, inwieweit ihm der – etwa aufgrund einer amtlichen Presseerklärung – nur beschränkt bekannt gewordene Inhalt neuer höchstrichterlicher Entscheidungen ausreicht, sich davon in seiner eigenen Rechtsfindung beeinflussen zu lassen. Darauf, wie erstinstanzlich mit der ehedem eingeschränkten Urteilskenntnis umzugehen war, kommt es hier jedoch nicht mehr an. Bei der Überprüfung untergerichtlicher Entscheidungen im Rechtsmittelzug kann nämlich ein inzwischen zugänglich gewordener Volltext höchstrichterlicher Urteile nicht unberücksichtigt bleiben.

Nach der vormaligen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.10.2014 – BVerwG 3 C 3.13 – [zfs 2015, 173 =] NJW 2015, 2439 ff., hier zitiert nach juris, Rn 32 und 36), der unter anderem auch der beschließende Senat folgte (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 7.4.2017 – 12 ME 49/17 –, VerkMitt 2017, Nr. 41, hier zitiert nach juris, Rn 7, m.w.N.), war derjenige, der gelegentlich Cannabis einnimmt und mindestens einmal ein Kfz unter Cannabiseinfluss geführt hat, i.d.R. ohne weiteres, insb. ohne vorherige medizinisch-psychologische Untersuchung auf sein Trennungsvermögen, als ungeeignet zum Führen von Kfz anzusehen. Im Hinblick auf die an die Entstehungsgeschichte des § 14 Abs. 1 FeV anknüpfende Argumentation des BVerwG (Urt. v. 11.4.2019 – BVerwG 3 C 9.18 –, juris, Rn 27 [s.a. zfs 2019, 242 ff.), aber auch aus Gründen der Rechtseinheit, hält der Senat an dieser Rechtsprechung nicht weiter fest. Er sc...

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