"… 1. Die Rüge, das AG habe sein Erkenntnis auf ein Beweismittel gestützt, das nicht Gegenstand der Hauptverhandlung war, ist zulässig erhoben."

2. Die Inbegriffsrüge, namentlich der Eichschein sei lediglich in Augenschein genommen, nicht aber durch Verlesung wirksam in die Hauptverhandlung eingeführt worden, ist auch begründet. Die Generalstaatsanwaltschaft hat insoweit ausgeführt:

Zitat

“Ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls (Blatt 108-111 d. A.) vom 21.9.2017, dem gem. § 274 StPO im Hinblick auf die wesentlichen Förmlichkeiten der Verlesung einer Urkunde und der Augenscheinseinnahmen auch eine negative Beweiskraft zukommt (vgl. BGH wistra 1992, 30; KG, Beschl. v. 24.6.2009 – (4) 1 Ss 211/09 (148/09)), ist belegt, dass der Eichschein und die Schulungsurkunde (nur) in Augenschein genommen worden sind (Bl. 109 d.A.); eine Verlesung des Eichscheins sowie der Schulungsurkunde ist – entgegen den Ausführungen in den Urteilsgründen (UA S. 4) – jedoch nicht erfolgt. Es ist – wie von dem Beschwerdeführer gerügt – aus dem Protokoll auch nicht erkennbar, dass das erkennende Gericht durch die Bekanntgabe des wesentlichen Inhalts nach § 78 Abs. 1 OWiG die Beweismittel ordnungsgemäß in das Verfahren eingeführt hätte. Weiter ergibt sich aus dem Protokoll der Hauptverhandlung auch nicht, dass das AG die Beweismittel etwa im Wege des Vorhalts im Rahmen der Vernehmung des Zeugen (…) in die Hauptverhandlung eingeführt hätte.

Die ausweislich des Protokolls ausschließlich erfolgte Augenscheinseinnahme der vorgenannten Urkunden war keine zureichende Beweiserhebung, weil diese nur dann gegeben ist, wenn es nicht – wie hier – auf den Inhalt der Urkunde, sondern nur auf deren Vorhandensein oder den Zustand ankommt (vgl. BGH NStZ-RR 1999, 37). Demgegenüber kann der durch Schrift dokumentierte Inhalt einer Urkunde nur durch Verlesung nach §§ 249 ff. StPO bzw. nach § 78 Abs. 1 OWiG in die Hauptverhandlung eingeführt werden (…).'

Diesen zutreffenden Ausführungen folgt der Senat.

3. Da nicht auszuschließen ist, dass das Urteil auf dem Rechtsfehler beruht, war es insgesamt aufzuheben, und die Sache war an das AG Tiergarten zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. …“

Hinweis der Schriftleitung: Zur Problematik der Inaugenscheinnahme bzw. Verlesung von Messbildern und deren Datenleisten vgl. OLG Zweibrücken zfs 2018, 349.

zfs 11/2018, S. 650

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