" … Die zulässige Berufung ist in der Sache begründet, da die Klage begründet ist. Der Kl. steht der geltend gemachte Anspruch aus § 426 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 116 Abs. 1 S. 2 und 3, 115 Abs. 1 S. 4 VVG zu, da sie im Verhältnis zum Bekl. gem. § 28 Abs. 2 S. 1 VVG i.V.m. Ziff. I. 1.3 der vereinbarten AKW leistungsfrei ist."

Es steht zwischen den Parteien außer Streit, dass der Bekl. vorsätzlich eine Obliegenheitsverletzung begangen hat. Der Umstand, dass sich die Kollision auf einem Privatgrundstück ereignet hat, ist darauf ohne Einfluss.

Es kann dahinstehen, ob der Bekl. gem. § 28 Abs. 3 S. 2 VVG arglistig gehandelt hat, denn er hat den Kausalitätsgegenbeweis gem. § 28 Abs. 3 S. 1 VVG jedenfalls nicht geführt.

Der Nachweis der Nichtkausalität erfordert den Beweis, dass auch bei hypothetisch angenommener ordnungsgemäßer Erfüllung der Obliegenheit der Versicherungsfall und die Leistungspflicht des VR in gleicher Weise eingetreten wären oder aber jedenfalls nicht gänzlich ausgeblieben wären und auch das Feststellungsergebnis zum Versicherungsfall und zum Umfang der Leistungspflicht des VR für den VR nicht günstiger gewesen wäre. … Den Kausalitätsgegenbeweis hat der VN dergestalt zu führen, dass er die sich aus dem Sachverhalt ergebenden Möglichkeiten, die für eine Kausalität sprechen, ausräumt (Rixecker, in: Langheid/Rixecker, VVG, 5. Aufl. 2016, § 28 VVG Rn 96). Es ist dann im Rahmen der sekundären Darlegungslast Sache des VR, im Einzelnen darzulegen, welche Maßnahmen er bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Obliegenheit ergriffen hätte und welche Konsequenzen von diesen Maßnahmen zu erwarten gewesen wären.

Der Nachweis fehlender Ursächlichkeit ist bei Verletzung einer Aufklärungsobliegenheit allerdings erst dann erbracht, wenn feststeht, dass dem VR hierdurch keine Feststellungsnachteile erwachsen sind; bleibt dies unklar und in der Schwebe, ist der VN beweisfällig und der VR nach Maßgabe des § 28 Abs. 2 VVG leistungsfrei (OLG Naumburg zfs 2012, 696 … ).

Regelmäßig entstehen für den VR schon dadurch, dass der VN sich nach dem Unfall von der Unfallstelle entfernt hat, Feststellungsnachteile, die sich nachträglich nicht mehr ausgleichen lassen; vor allem können keine objektiven Feststellungen mehr dazu getroffen werden, ob der VN bei dem Unfall unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stand, was wegen des Verbots in D.2.1 AKB 2008 gem. D.3.1 S. 1 und 2 AKB 2008 zum Verlust seines Versicherungsschutzes führen könnte; hätte er die Polizei verständigt und an der Unfallstelle gewartet, wären diese Feststellung objektiv überprüfbar gewesen. …

So liegt der Fall auch hier. Der Bekl. hat den obliegenden Beweis nicht geführt, da nicht feststeht, dass der Kl. durch sein Entfernen vom Unfallort keine Feststellungsnachteile erwachsen sind. Er hat dadurch objektive Feststellungen zu einer etwaigen Alkoholisierung von vornherein unmöglich gemacht. Der Umstand, dass Polizeibeamte den Bekl. zeitnah zwischen 19 und 20:00 Uhr desselben Tages aufsuchten, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn durch theoretische Erwägungen zum Alkoholabbau ist nicht bewiesen, dass eine Alkoholisierung im Unfallzeitpunkt nicht vorlag. Dass die Polizeibeamten beim Aufsuchen des Bekl. in einem nicht genau bestimmbaren Abstand von zweieinhalb bis vier Stunden nach der Kollision keinen Anlass sahen, eine Alkoholisierung des Bekl. untersuchen zu lassen, besagt weder etwas dazu, ob sie zeitnäher zum Kollisionszeitpunkt einen solchen Anlass möglicherweise erblickt hätten, noch, dass eine Alkoholisierung in jenem Zeitpunkt nicht bestand. Einen dahingehenden Beweis hat der Bekl. nicht angetreten.

Durch sein Entfernen hat der Bekl. ferner Feststellungen vor Ort hinsichtlich der Beschädigungen am Fahrzeug des Geschädigten vereitelt. Dadurch ist, worauf die Kl. unwidersprochen verweist, eine umfangreiche Begutachtung in Bezug auf die bei dem Vorfall verursachten Schäden erforderlich geworden, die sich durch eine Unfallaufnahme unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse erübrigt hätte oder jedenfalls erleichtert worden wäre.

Soweit der Bekl. vorträgt, dass es aus Sicht des Bekl. lediglich bedeutet hätte, dass der Geschädigte einen etwaigen Ersatzanspruch nicht hätte durchsetzen können, wenn die erforderlichen Feststellungen nicht hätten getroffen werden können, liegt dies ersichtlich neben der Sache. Zum einen haben vorliegend die Feststellungen nachträglich mit den geschilderten Erschwerungen getroffen werden können. Zum anderen offenbart es ein bedenkliches Rechtsverständnis, wenn der Bekl. meint, er hätte der Kl. durch sein Entfernen einen Gefallen tun können, weil dies möglicherweise dazu hätte führen können, dass der unstreitig Geschädigte Ansprüche gegen die Kl. nicht hätte erheben oder durchsetzen können. Ein solches Verhalten obliegt dem VN einer Kraftfahrthaftpflichtversicherung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt. … “

zfs 11/2017, S. 635 - 636

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