Solche Sachverhalte können nicht uneingeschränkt berücksichtigt werden. Wenn sie in das Bundeszentral- oder Fahreignungsregister einzutragen sind, beantwortet sich ihre Berücksichtigungsfähigkeit grundsätzlich nach den für dieses Register geltenden Tilgungs- und Verwertungsvorschriften. Ist der anlassgebende Sachverhalt danach noch verwertbar, war nach der bisherigen Linie in der Rechtsprechung für eine weitere einzelfallbezogene Prüfung dahingehend, ob die gegebenen Verdachtsmomente noch einen Gefahrenverdacht begründen, im Regelfall kein Raum mehr. Denn durch eine solche "Doppelprüfung", in deren Rahmen im Anschluss an die Feststellung, dass der anlassgebende Sachverhalt nach § 29 StVG (bzw. nach § 65 Abs. 9 StVG in Verbindung mit den dort in Bezug genommenen Vorschriften) noch verwertbar ist, zusätzlich eine Einzelfallbetrachtung unter Einbeziehung aller relevanten Umstände im Sinne der letztgenannten Entscheidung durchgeführt würde, würde der Grundsatz unterlaufen, dass die vom Gesetzgeber festgelegten Fristen nicht unter Hinweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beiseitegeschoben oder relativiert werden können.[19]

Jedenfalls für eine Aufforderung zur Beibringung eines Gutachtens, die im behördlichen Ermessen steht (beispielsweise im Fall von § 11 Abs. 2 oder Abs. 3 FeV) hat das BVerwG ebenfalls in der unter oben II. dargestellten Entscheidung die gerade dargestellte Rechtsprechung dahingehend relativiert, dass der Umstand, dass die Tilgungs- und Verwertungsfristen von Verkehrsverstößen noch nicht abgelaufen sind, insbesondere bei zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beibringensaufforderung bereits längere Zeit zurückliegenden Verstößen, einzelfallbezogene Ermessenserwägungen im Rahmen der nach § 11 Abs. 2 und 3 FeV zu treffenden Ermessensentscheidung nicht entbehrlich macht.

[19] BVerwG, NJW 2005, 3440; BayVGH, Beschl. v. 6.5.2008 – 11 CS 08.551; jeweils für das Verkehrszentralregister.

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