Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung einer vom Versicherer gestellten Frage immer und nur in der Absicht erfolgt, auf den Willen des Versicherers einzuwirken.

Eine arglistige Täuschung setzt eine Vorspiegelung falscher oder ein Verschweigen wahrer Tatsachen zum Zweck der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums voraus. Der Versicherungsnehmer muss vorsätzlich handeln, indem er bewusst und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers einwirkt.[6]
Eine arglistige Täuschung bei Vertragsanbahnung berechtigt den Versicherer, unabhängig von der Kausalität für den Versicherungsfall, zur rückwirkenden Lösung vom Vertrag; dies gilt auch dann, wenn der Versicherer die Kenntnis der arglistigen Falschangaben aufgrund einer unwirksamen Schweigepflichtentbindungserklärung erhalten hat.[7]
Das Durchstreichen eines Antwortfeldes im Versicherungsantrag ist als Verneinung der betreffenden Frage zu werten und berechtigt zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, wenn in dieser Weise anderweitig bestehende Lebensversicherungen/Berufsunfähigkeitsversicherungen verschwiegen werden.[8]
Der Versicherungsnehmer handelt arglistig, wenn er in der Schadenanzeige die Frage nach Vorschäden verneint, ohne sich bei seinem Sohn zu erkundigen, der das Fahrzeug regelmäßig benutzt.[9]
Eine arglistige Täuschung durch Verschweigen von Vorerkrankungen liegt nicht vor, wenn der Versicherungsnehmer eine vom Makler falsch ausgefüllte Schadenanzeige ungelesen unterschreibt.[10]
Eine arglistige Täuschung liegt vor, wenn ein ärztlich festgestellter Alkoholmissbrauch vorliegt und bei Abschluss einer Unfallversicherung die Frage nach erheblichen Krankheiten verneint wird.[11] Der Kläger war von seiner Hausärztin auf die Behandlungsbedürftigkeit seiner Alkoholkrankheit hingewiesen worden und hatte die vorgeschlagene Suchtberatung abgelehnt.
Der Versicherer kann nicht allein mit dem von seinem Agenten ausgefüllten Antragsformular den Beweis führen, dass der Versicherungsnehmer hinsichtlich seiner Vorerkrankung falsche Angaben gemacht habe, soweit dieser substantiiert behauptet, den Agenten mündlich zutreffend unterrichtet zu haben.[12]
Wenn der Versicherungsnehmer gegenüber dem Agenten erkennbar unvollständige Angaben über seinen Gesundheitszustand macht, geht dies zu Lasten des Versicherers, auch wenn dieser von den zur Nachfrage Anlass gebenden Umständen keine Kenntnis hat.[13]
Die Versicherungsnehmerin, die eine von ihrem Ehemann unrichtig ausgefüllte Schadenanzeige unterzeichnet, handelt arglistig, da ihr das Verhalten des Ehemannes als Wissensvertreter zugerechnet wird.[14]
Eine Nachfrageobliegenheit besteht nur dann, wenn ernsthafte Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die vom Versicherungsnehmer erteilten Auskünfte unrichtig sind. Aber auch ein Verstoß gegen die Nachfrageobliegenheit führt nicht zum Verlust des Rechts zur Arglistanfechtung.[15]
Der Versicherer darf die Anfechtung eines Vertrags wegen einer arglistigen Täuschung auch auf Erkenntnisse stützen, die er aufgrund einer unwirksamen Erklärung über die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht erhalten hat.[16]
[9] OLG Saarbrücken, 5 U 88/10 = VersR 2011, 1511 = r+s 2011, 326.
[10] BGH, IV ZR 62/07, r+s 2009, 295.
[11] OLG Saarbrücken, 5 U 144/09, VersR 2011, 659.
[13] OLG Hamm, 20 U 21/09, NJW-RR 11, 827.
[14] OLG Saarbrücken, 5 U 8810, zfs 2011, 454.
[15] BGH, IV ZR 148/09, zfs 2011, 453; OLG Köln, 20 U 224/12, VersR 2013, 1428.
[16] BGH, IV ZR 203/09, VersR 2012, 297.

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