"… Die Berufung ist zulässig, insb. form- und fristgerecht eingelegt. Sie hat in der Sache uneingeschränkt Erfolg."

1. Der Auffassung des Erstgerichts, die Klage sei unschlüssig, vermag sich die Kammer nicht anzuschließen. Vielmehr hat die Kl. ihren Anspruch wegen der offenstehenden (fiktiven) Beilackierungskosten hinreichend beziffert und unter Beweis gestellt. Die Ersatzfähigkeit solcher Kosten ist auch im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung nicht von vorneherein ausgeschlossen. Wie die Kammer erst kürzlich entschieden hat, kann auch bei fiktiver Abrechnung ein Anspruch auf Ersatz von Beilackierungskosten bestehen, soweit der Geschädigte deren Erforderlichkeit dargelegt und bewiesen hat (vgl. Kammer zfs 2018, 683 mit Verweis auf OLG Hamm zfs 2017, 565; LG Arnsberg NJW-RR 2017, 1178; zum Meinungsstand NJW-Spezial 2017, 394, 395). Dies dürfte auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung entsprechen, wonach die Ersatzfähigkeit fiktiver UPE-Aufschläge – nichts anderes dürfte auch für fiktive Beilackierungskosten gelten – sich nach den allgemeinen Grundsätzen zur Ersatzfähigkeit von Reparaturkosten bestimmt (vgl. BGH, Urt. v. 25.9.2018 – VI ZR 65/18 –, juris).

2. Die Geltendmachung fiktiver Wiederherstellungskosten ist hier auch – entgegen der Ansicht der Beklagtenseite – nicht dadurch eingeschränkt, dass die Kl. eine Reparatur des Fahrzeugs, wie sich aus den in der Sitzung vorgelegten Lichtbildern nunmehr zweifelsfrei ergibt, selbst vorgenommen hat. Zwar wird vereinzelt vertreten, der ersatzfähige Schaden am Kfz sei auch nach sach- und fachgerecht durchgeführter Eigenreparatur bei fiktiver Schadensabrechnung auf die tatsächlich entstandenen Bruttokosten beschränkt (OLG Schleswig DAR 2017, 145; vgl. auch die von der Bekl. vorgelegten Hinweisbeschlüsse des LG Hannover v. 24.11.2016 – 9 S 16/16 sowie des LG Berlin v. 1.8.2016 – 42 S 91/16). Solches ergibt sich aus der zur Begründung herangezogenen Entscheidung des BGH vom 3.12.2013 (VI ZR 24/13) indes nicht. Dort hatte der BGH für den Fall, dass der Geschädigte von der Möglichkeit einer vollständigen und fachgerechten, aber preiswerteren Reparatur in einer Fachwerkstatt Gebrauch gemacht hatte, entschieden, dass der zur Wiederherstellung erforderliche Betrag den tatsächlich angefallenen Bruttoreparaturkosten entspricht, weil er nicht anders zu behandeln sei, als wenn der Schädiger ihn im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung zulässigerweise auf diese Reparaturmöglichkeit verwiesen hätte. Mit einer Eigenreparatur ist dies indes nicht vergleichbar. Anders als in dem vom BGH entschiedenen Fall kann der Geschädigte von dem Schädiger im Rahmen einer fiktiven Abrechnung grds. nur auf eine gleichwertige Reparaturmöglichkeit in einer freien (Karosserie-)Werkstatt, nicht aber auf die Durchführung einer Eigenreparatur verwiesen werden. Von den Fällen abgesehen, in denen der Geschädigte, etwa als Verkehrsbetrieb, üblicherweise selbst repariert (BGHZ 54, 82; 61, 56), stellt die Eigenreparatur eine überobligatorische Maßnahme des Geschädigten dar, deren Ersparnis dem Schädiger nach den Grundsätzen über den Vorteilsausgleich nicht zugutekommt (vgl. BGHZ 61, 56; Urt. v. 20.6.1989 – VI ZR 334/88 –, juris unter II 1). Die Beschränkung des Eigenreparierenden auf die ihm tatsächlich entstandenen Kosten kommt somit nach Auffassung der Kammer nicht in Betracht.

3. Dass die geltend gemachten Beilackierungskosten sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach ersatzfähig sind, hat die Beweisaufnahme ergeben. Der gerichtliche Sachverständige X hat hierzu in jeder Hinsicht überzeugend ausgeführt, dass die spezielle Lackierung des Klägerfahrzeugs (Perleffektcolor-Lackierung) wie auch der Umstand, dass mit Ausnahme der rückwärtigen Seitenwand ein großer Teil der Seitenflächen (Tür und Kotflügel) neu zu lackieren ist, eine Farbangleichung in dem geltend gemachten Umfang mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erforderlich mache, was auch den entsprechenden Empfehlungen von Verbänden und Sachverständigen entspreche. Vor diesem Hintergrund hat die Kammer keinen Zweifel daran, dass die Beilackierungskosten i.H.v. 489,70 EUR gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zur Wiederherstellung erforderlich sind.

4. Soweit die Kl. im Rahmen der fiktiven Abrechnung daneben auch den Ersatz von Mehrwertsteuer i.H.v. (230,95 + 41,19 =) 272,14 EUR verlangt, der für den Ankauf von Ersatzteilen angefallen sei, ist auch dieser Anspruch begründet.

a) Nach § 249 Abs. 2 S. 2 BGB schließt der bei Beschädigung einer Sache zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Die Umsatzsteuer soll hingegen nicht ersetzt werden, wenn und soweit sie nur fiktiv bleibt, weil es zu einer umsatzsteuerpflichtigen Reparatur oder Ersatzbeschaffung nicht kommt. Verzichtet der Geschädigte auf eine Reparatur oder Ersatzbeschaffung und verlangt stattdessen den hierfür erforderlichen (gutachterlich ermittelten) Geldbetrag, erhält er nicht den vollen, sondern den um die Umsat...

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