Das BVerwG behandelte in seiner Entscheidung eine Fallgestaltung, die in der anwaltlichen Praxis in allen Gerichtsbarkeiten tagtäglich vorkommt, aber in der Rspr. selten erörtert wird.: Die Erstattungsfähigkeit von Kosten für eine entbehrlich gewordene Terminsreise. Die damit zusammenhängenden Probleme sollen hier kurz zusammengefasst werden.

I. Erstattungsfähigkeit der Terminsreisekosten

Gem. § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO, der in etwa der Regelung in § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO entspricht, sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig. Hierzu gehören auch die in Nr. 7003 ff. VV RVG aufgeführten Geschäftsreisekosten. Hatte der Prozessbevollmächtigte des erstattungsberechtigten Beteiligten seine Kanzlei am Wohnsitz oder Sitz des Mandanten, so sind die Terminsreisekosten ohne Begrenzung auf ersparte Aufwendungen für einen Terminsvertreter in voller Höhe erstattungsfähig (siehe BGH BRAGOreport 2003, 13 [Hansens]; BGH RVGreport 2004, 473 [ders.]). Vorliegend hatte die Beigeladene jedoch einen Rechtsanwalt am sog. dritten Ort bestellt. In diesem Fall sind – worauf das BVerwG zutreffend hinweist – die Reisekosten nur in Höhe fiktiver Reisekosten vom Wohnsitz/Unternehmenssitz des Beteiligten zum Gerichtsort erstattungsfähig.

II. Flugreisekosten

Ist die Terminsreise als solche notwendig, können auch Flugkosten des auswärtigen Rechtsanwalts erstattungsfähig sein, wenn die ggf. hierdurch entstehenden Mehrkosten nicht außer Verhältnis zu den Kosten einer Bahnreise stehen (BGH RVGreport 2008, 113 [Hansens]; BGH RVGreport 2015, 267 [ders.] = zfs 2015, 404 mit Anm. Hansens = AGS 2015, 241). Außerdem müssen die Flugreisekosten in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache stehen. Hieraus folgt, dass die Mehrkosten im Verhältnis zur Bahnreise in Bagatellangelegenheiten nicht erstattungsfähig sind (siehe BGH RVGreport 2008, 113 [ders.]).

Ohne nähere Berechnungen anzustellen ist das BVerwG hier zu dem Ergebnis gelangt, dass die Aufwendungen für die Bahnfahrt 1. Klasse von Essen nach Leipzig und zurück nicht (wesentlich) geringer gewesen wären als die tatsächlich geltend gemachten Flugreisekosten.

III. Übernachtungskosten

Zu den erstattungsfähigen Terminsreisekosten können auch die Übernachtungskosten des auswärtigen Rechtsanwalts gehören. Nicht erörtert hat das BVerwG die Frage, ob es hier dem Rechtsanwalt der Beigeladenen zuzumuten gewesen wäre, erst am Terminstag anzureisen, um eine Übernachtung zu vermeiden. Hierzu wird in der Rspr. die Auffassung vertreten, der auswärtige Rechtsanwalt müsse zwecks Durchführung der Terminsreise zwar früh aufstehen, der Antritt der Reise oder die Rückkunft von der Reise zur Nachtzeit, die sich in Anlehnung an § 758a Abs. 4 ZPO bestimmt (21 Uhr bis 6 Uhr), sei jedoch nicht zumutbar (siehe BVerwG RVGreport 2015, 143 (Hansens); OLG Celle RVGreport 2009, 193 [ders.]; OLG Hamburg AGS 2011, 463; OLG Karlsruhe AGS 2003, 498; OLG Naumburg RVGreport 2017, 20 [ders.]).

Bei der Höhe der erstattungsfähigen Übernachtungskosten ist das BVerwG mit 100 EUR ohne Frühstück (dies wird durch das Tage- und Abwesenheitsgeld nach Nr. 7005 VV RVG abgegolten) etwas kleinlich. So hat beispielsweise das OLG Frankfurt (RVGreport 2008, 395 (Hansens)) im Jahr 2008 die Kosten für eine erforderliche Übernachtung in Frankfurt/Main – außerhalb von Messezeiten – in Höhe von höchstens 170 EUR als erstattungsfähig angesehen.

IV. Terminsreise objektiv nicht notwendig

Aufgrund der infolge der Klagerücknahme erfolgten Terminsaufhebung war die Terminsreise objektiv nicht notwendig. Nach Auffassung des III. ZS des BGH (RVGreport 2016, 186 [Hansens] = zfs 2016, 285 mit Anm. Hansens = AGS 2016, 252) sind Kosten nur für solche Maßnahmen erstattungsfähig, die im Zeitpunkt ihrer Vornahme objektiv erforderlich und geeignet zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung erscheinen. Dies kann dazu führen, dass in Anwendung dieser Rspr. des III. ZS des BGH Stornierungskosten für einen aufgehobenen Verhandlungstermin nicht erstattungsfähig sind; denn die Wahrnehmung eines aufgehobenen Verhandlungstermins ist objektiv ebenso wenig notwendig (siehe hierzu meine Ausführungen in der Anm. zu LG Potsdam RVGreport 2017, 305) wie der Aufwand von Kosten für einen dann nicht durchgeführten Verhandlungstermin. Das BVerwG hat sich hier mit dieser Problematik nicht befasst und ist zu dem richtigen Schluss gelangt, dass die Stornierungskosten dem Grunde nach erstattungsfähig sind.

Anderenfalls würde nämlich die auswärtige Partei/Beigeladene das Risiko tragen, ob der vom Gericht angesetzte Verhandlungstermin tatsächlich auch durchgeführt wird. Den III. ZS des BGH, a.a.O., ficht dies nicht an. Er gibt dem Anwalt hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der durch einen Rechtsmittelzurückweisungsantrag in Unkenntnis der zwischenzeitlichen Rechtsmittelrücknahme angefallenen vollen Verfahrensgebühr den Tipp auf den Weg, vorher bei dem Gericht anzurufen und zu fragen, ob nicht etwa eine Rechtsmittelrücknahmeschrift vorliegt. Nimmt man den III. ZS des B...

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