[13] "… 1. Das Berufungsurteil unterliegt entgegen der Auffassung der Revision nicht schon deshalb der Aufhebung, weil es den Erlass eines Teilurteils über die (Nicht-)Erstattung der von der Mutter der Kl. erbrachten physiotherapeutischen Leistungen für zulässig erachtet hat."

[14] a) Allerdings waren die von der Revision erhobenen Bedenken gegen die Zulässigkeit des landgerichtlichen Teilurteils im Grundsatz berechtigt. Die Gefahr widersprechender Entscheidungen konnte im Streitfall zunächst nicht ausgeschlossen werden.

[15] Nach st. Rspr. des BGH darf ein Teilurteil nach § 301 ZPO nur ergehen, wenn hinsichtlich des nicht beschiedenen Teils die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen – auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht – ausgeschlossen ist (statt aller: BGHZ 189, 356 Rn 13 m.w.N.).

[16] Dieses Risiko war hier ursprünglich gegeben. Denn zum Zeitpunkt der Entscheidung der Vorinstanzen bestand die Gefahr, dass ein Rechtsmittelgericht zum Ergebnis hätte gelangen können, dass die fraglichen Erstattungsansprüche der Kl. nicht an der Ausschlussklausel des § 5 Abs. 1 Buchst. g MB/KK 2009 scheiterten. In diesem Fall wäre es für die weitere Entscheidung über den entsprechenden Teil des Zahlungsantrags darauf angekommen, ob die physiotherapeutischen Behandlungen dem Grunde nach erstattungsfähig sind. Diese Frage stellt sich aber in gleicher Weise für das noch in erster Instanz anhängig gebliebene, auf Erstattung weiterer Leistungen gerichtete Klagebegehren.

[17] b) Denn der von Amts wegen zu berücksichtigende … Verfahrensfehler der Vorinstanzen muss im Revisionsverfahren nicht mehr zur Aufhebung des Teilurteils führen, wenn sich die prozessuale Situation so entwickelt hat, dass es nicht mehr zu widersprüchlichen Erkenntnissen kommen kann (vgl. BGH WM 2016, 1087 Rn 11 … ). So liegt der Fall hier, weil die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen durch die Sachentscheidung des Revisionsgerichts ausgeräumt werden kann und mithin für die Zukunft nicht mehr besteht. Die sachlich-rechtliche Überprüfung des Berufungsurteils ergibt nämlich, dass das BG zu Recht angenommen hat, dem abgewiesenen Teil der Zahlungsklage stehe die sog. Verwandtenklausel des § 5 Abs. 1 Buchst. g MB/KK 2009 entgegen. Ist die so begründete Klageabweisung danach in der Sache nicht zu beanstanden, besteht insoweit die Gefahr einer abweichenden Rechtsmittelentscheidung nicht mehr.

[18] 2. Einem Anspruch der Kl. auf Erstattung der Kosten für die von ihrer Mutter erbrachten physiotherapeutischen Maßnahmen steht der vertraglich vereinbarte Leistungsausschluss des § 5 Abs. 1 Buchst. g MB/KK 2009 entgegen. Anders als die Revision meint, verbleiben nach Auslegung der genannten Klausel keine Zweifel, dass der in ihr verwendete Begriff der “Behandlung‘ auch die Leistungen eines selbst liquidationsberechtigten Physiotherapeuten umfasst.

[19] a) AVB sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an … .

[20] b) Ein solcher VN wird physiotherapeutische Leistungen schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch als Behandlung ansehen.

[21] Eine abweichende Bedeutung kann der VN den einbezogenen Musterbedingungen nicht entnehmen. Zwar macht § 4 Abs. 3 MB/KK 2009 die Erstattungsfähigkeit von Kosten für physiotherapeutische Maßnahmen als sog. Heilmittel (vgl. Ziff. 1.1 der Tarifbedingungen) davon abhängig, dass sie von den in § 4 Abs. 2 MB/KK 2009 genannten Behandlern verordnet werden, zu denen Physiotherapeuten nicht zählen. Dieser Regelung wird der durchschnittliche VN aber nicht entnehmen, dass die Bedingungen entsprechende Leistungen eines Physiotherapeuten auch in anderem Zusammenhang nicht als “Behandlungen‘ einordnen. Denn § 4 Abs. 3 MB/KK 2009 schließt es nach seinem Wortlaut nicht aus, dass außer den in § 4 Abs. 2 MB/KK 2009 genannten Berufsträgern auch andere Personen “Behandler‘ i.S.d. Bedingungen sein können, zumal die Klausel keine entsprechende Begriffsbestimmung enthält.

[22] c) Anderes ergibt sich auch nicht aus dem für den durchschnittlichen VN ersichtlichen Sinn und Zweck der Regelung. Dieser ist einerseits – für den VN erkennbar – darauf gerichtet, den VR von der oft schwierigen Prüfung zu entbinden, ob die Inrechnungstellung durch Angehörige jeweils als ernsthaft anzusehen ist oder nur die Versicherung zum Anlass genommen wird, die Bezahlung einer unterhaltsrechtlich geschuldeten oder üblicherweise kostenlosen Behandlung zu verlangen (vgl. Senat r+s 2001, 258 unter 3 b aa und bb m.w.N.). Andererseits soll der Gefahr entgegengewirkt werden, wegen der persönlichen Nähe zum Angehörigen Leistungen ohne medizinische Notwendigkeit in Anspruch zu nehmen oder sie über das medizinisch notwendige Maß hinaus auszudehnen … .

[23] Anders als die Revision annimmt, trifft beid...

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