Aufgrund der beschriebenen Rechtsunsicherheit wird es für den Geschädigten als sinnvoll erachtet, von einer Anmietung Abstand zu nehmen und stattdessen Nutzungsausfall zu beanspruchen.[49] Den gleichen Gedanken hatte der BGH bereits in den sechziger Jahren. Damals hatte der BGH die Zubilligung eines Nutzungsausfallschadens damit begründet, dass anderenfalls für die Schädiger und ihre Haftpflichtversicherer ein starker Anreiz gegeben wäre, die Erfüllung berechtigter Ansprüche auf Mietwagenkostenersatz abzulehnen und darauf zu vertrauen, der Anspruchsteller werde von der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs aus Scheu vor einem finanziellen Risiko oder mangels liquider Geldmittel absehen und sich behelfen. Der BGH bezeichnete das Szenario, den Geschädigten durch die Ablehnung berechtigter Ansprüche von der Eingehung eines finanziellen Risikos abzuhalten, bereits damals als "unerfreuliches Ergebnis". Gleichzeitig zeigte der BGH Verständnis für die Motive der Betroffenen, die von einer Ersatzanmietung Abstand nehmen, um kein finanzielles Risiko einzugehen: "Wenn die unberechtigte Weigerung, eine Schuld zu erfüllen, im Ergebnis zur vollen Schuldbefreiung führt, so ist das insbesondere dann ein unerfreuliches Ergebnis, wenn das Motiv des Betroffenen, kein Risiko einzugehen, durchaus verständlich ist."[50] Diese Beschreibung des BGH kennzeichnet exakt auch die aktuelle Situation des Schadensrechts im Bereich Fahrzeugausfallschaden.

Auch wenn Mietwagenunternehmen regelmäßig auf die Geltendmachung des beim Haftpflichtversicherer nicht durchsetzbaren Anteils der Mietwagenkosten verzichten, ist die anwaltliche Empfehlung, kein Ersatzfahrzeug anzumieten, sicher in vielen Fällen für den nicht rechtschutzversicherten Geschädigten die beste. Er muss aufgrund der herrschenden Rechtsunsicherheit befürchten, dass er die Mietwagenkosten vom gegnerischen Haftpflichtversicherer nicht vollständig ersetzt erhält. Ob ein Rückforderungsprozess gegenüber dem Autovermieter wegen schuldhafter Aufklärungspflichtverletzung erfolgreich sein würde, ist ebenso ungewiss. Die auf den Mandanten zukommenden Kosten können, insbesondere wenn das Gericht eine Aufklärung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens für notwendig hält, schnell in die Höhe gehen.

[49] van Bühren, Unfallregulierung, 7. Aufl., S. 66, 79.

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