" … II. 1. Die Rechtsbeschwerde ist gem. § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthaft und entsprechend den §§ 79 Abs. 3 OWiG, 341, 344, 345 StPO form- und fristgerecht bei Gericht angebracht worden."

2. Die Rechtsbeschwerde hat mit der Einrede des Strafklageverbrauchs Erfolg. Hierzu führt die GenStA des Landes Brandenburg in ihrer Stellungnahme v. 2.5.2016 aus:

“Die erhobene Sachrüge führt, auch wenn sie nur einzelne Punkte konkret beanstandet oder in allgemeiner Form vorgebracht worden ist, grds. zur Überprüfung des ganzen Urt. in materiell-rechtlicher Hinsicht (vgl. BGHSt 21, 149; KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 337 Rn 5) und damit auch zur Überprüfung, ob Verfahrenshindernisse vorliegen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., Einleitung 150). Die Rechtsbeschwerde führt danach zur Einstellung des Verfahrens, weil der Verfolgung der dem Betr. in diesem Verfahren zur Last gelegten Tat ein Verfahrenshindernis entgegensteht.

Der Beschl. des AG Zossen v. 15.9.2015 in dem Verfahren 11 OWi 543/15, mit dem dieses Verfahren gem. § 206a StPO wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung eingestellt wurde, entfaltet nach dem Grundsatz aus Art. 103 Abs. 3 GG eine Sperrwirkung, welche die Verfolgung des dem Betr. in diesem Verfahren zur Last gelegten Tatvorwurfes ausschließt.

Auch ein Beschl. kann grds. formell rechtskräftig werden, jedoch nur ein solcher, der – wie der Beschl. gem. § 206a StPO – mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden kann oder von vorneherein der Anfechtung entzogen ist (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., Einl., Rn 166; BGHSt 52, 119).

Er kann daher nicht deshalb wieder aufgehoben werden, weil er auf einem Irrtum über verfahrenserhebliche Tatsachen beruhte (vgl. OLG Köln NJW 1981, 2208). Dies gilt nur dann nicht, wenn der Irrtum durch täuschendes Verhalten des Betr. selbst oder durch ein diesem zuzurechnendes Täuschungsverhalten eines Dritten verursacht worden ist, wofür es hier jedoch keine Anhaltspunkte gibt (vgl. BGHSt 52, 119).

Die dem Betr. in dem Bußgeldbescheid v. 26.3.2015 und in dem eingestellten Verfahren 11 OWi 543/15 AG Zossen zugrunde liegenden Bußgeldbescheid vorgeworfenen und – unzulässiger Weise – in zwei gesonderten Bußgeldverfahren verfolgten Verkehrsverstöße stellen verfahrensrechtlich eine Tat i.S.d § 264 StPO dar.

Nach herrschender Auffassung in Literatur und Rspr. handelt es sich bei mehreren im Verlaufe einer Fahrt begangenen Verkehrsverstößen eines Kraftfahrzeugführers im Regelfall um mehrere Taten im materiellen und prozessualen Sinne (vgl. OLG Hamm VRS 111, 366; OLG Brandenburg NZV 2006, 109; OLG Köln NZV 1994, 292; OLG Düsseldorf NZV 2001, 273; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 24 StVG Rn 58, 59 a). Eine einzige Tat im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit und damit auch im prozessualen Sinne nach § 264 StPO kann ausnahmsweise dann vorliegen, wenn die einzelnen – auch unterschiedlichen – Verkehrsverstöße einen derart unmittelbaren zeitlich-räumlichen und inneren Zusammenhang aufweisen, dass sich der Lebensvorgang als solcher bei natürlicher Betrachtung auch für einen unbeteiligten Dritten als einheitliches zusammengehöriges Tun darstellt (vgl. OLG Hamm a.a.O.; OLG Brandenburg a.a.O.; OLG Düsseldorf a.a.O. und OLG Köln a.a.O.).

Ein wichtiges Kriterium für die Verneinung oder Bejahung eines einheitlichen Tatgeschehens ist der zeitliche Abstand zwischen den einzelnen Handlungen (vgl. Göhler, OWiG, 16. Aufl., vor § 59 Rn 50b) und auch die Frage, ob beide Verkehrsverstöße in subjektiver Hinsicht auf der gleichen Willensbildung des Betr. beruhen. Entscheidend für die Beurteilung, ob eine einheitliche Tat vorliegt, sind jedoch jeweils die Umstände des Einzelfalls (vgl. OLG Celle DAR 2011, 407).

In Ansehung der vorgenannten Kriterien bilden die beiden dem Betr. zur Last gelegten Verkehrsverstöße eine einzige Tat im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit.

Nach den Urteilsgründen befuhr der Betr. um 09:42 Uhr mit dem Pkw, amtliches Kennzeichen L … die BAB 10 zwischen Ludwigsfelde und Anschlussstelle Genshagen Richtung Rangsdorf/Schönefelder Kreuz mit einer Geschwindigkeit von 169 km/h. Die zulässige Geschwindigkeit ist hier durch Zeichen 274 geregelt und beträgt 120 km/h. Nach dem Vortrag in der Rechtsbeschwerdebegründungschrift soll der im Verfahren 11 OWi 543/15 AG Zossen gegenständliche Verkehrsverstoß am selben Tag auf derselben Autobahn um 09:40 Uhr begangen worden sein. Es besteht somit zwischen den Verkehrsverstößen ein äußerst enger zeitlicher und räumlicher Zusammenhang. Darüber hinaus sind beide Verkehrsverstöße auch in subjektiver Hinsicht miteinander verbunden, denn beide begangenen Verstöße beruhen ersichtlich auf dem Willen des Betr., die vor ihm liegende Fahrtstrecke möglichst schnell zu durchfahren. Anhaltspunkte dafür, dass die Geschwindigkeitsverstöße in unterschiedlichen Verkehrssituationen begangen wurden, liegen nicht vor.‘

Der Senat tritt diesen Ausführungen bei, sie entsprechen der Sach- und Rechtslage. Wegen Strafklageverbrauch (ne bis ...

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