BGB § 254 Abs. 2

Leitsatz

1. Der Geschädigte tut dem im Rahmen der Schadensbehebung geltenden Grundsatz der Wirtschaftlichkeit im allgemeinen Genüge, wenn er ein Unfallfahrzeug auf der Grundlage eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens und des darin ausgewiesenen Restwertes verkauft oder in Zahlung gibt.

2. Aufgrund der Maßgeblichkeit des Sachverständigengutachtens kann der Schädiger den Geschädigten deshalb grds. nicht auf einen höheren Restwerterlös verweisen, den dieser auf einem Sondermarkt durch spezialisierte Restwertaufkäufer erzielen könnte.

(Leitsätze der Schriftleitung)

AG Kaiserslautern, Urt. v. 27.6.2014 – 12 C 1759/13

Sachverhalt

Der Kl. verfolgt die Verurteilung der Bekl. auf Zahlung von Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, für den die Bekl. als Haftpflichtversicherer des unfallverursachenden Kfz die volle Haftung trifft. Der Streit der Parteien dreht sich allein um die Frage, welchen Restwert sich der Kl. als Abzugsposition des Schadensersatzes entgegen halten muss. Die Prozessbevollmächtigten des Kl. verbanden die von ihnen vorgenommene Anzeige des Unfalls mit dem Hinweis, zur Entgegennahme von Restwertangeboten nicht berechtigt zu sein.

Das von dem Kl. eingeholte Gutachten wies einen Wiederbeschaffungswert von 19.900 EUR und einen Restwert von 5.400 EUR aus. Der Kl. erhielt das Gutachten am 26.7.2013. Der Kl. übersandte das Gutachten der Bekl., bei der es am 5.8.2013 einging. Der Kl. hatte das Fahrzeug bereits am 3.8.2013 zu dem im Gutachten ausgewiesenen Betrag verkauft. Die Bekl. ging bei der Schadensberechnung von einem anzusetzenden Restwert von 9.288 EUR aus, welche sie nach ihrer Darstellung dem Kl. unter Mitteilung eines verbindlichen Restwertangebots am 8.8.2013 übersandt hatte. Sie hat die Auffassung vertreten, dass der Kl. mit dem Verkauf des Fahrzeugs gegen die Schadensminderungspflicht verstoßen habe, weil sie der Bekl. keine Gelegenheit gegeben habe, ein höheres Restwertangebot zu unterbreiten. Bei der Berechnung des Restwertes sei das von ihr eingeholte Restwertangebot über 9.288 EUR zu berücksichtigen, so dass dieser Betrag von dem Wiederbeschaffungswert abzuziehen sei.

Mit der Klage hat der Kl., der den Zugang des Schreibens vom 8.8.2013 bestritten hat, die Verurteilung der Bekl. zur Zahlung von 3.888 EUR, dem Differenzbetrag zwischen dem von der Bekl. angenommenen Restwert und dem im Gutachten festgestellten Betrag verfolgt. Sie ist der Auffassung, dass der im Gutachten festgestellte Restwertbetrag als Abzugsposten bei der Schadensberechnung maßgebend sei.

Die Klage hatte Erfolg.

2 Aus den Gründen:

" … Die zulässige Klage ist weit überwiegend begründet. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen. Der Kl. hat gegen die Bekl. einen Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. 3.888 EUR sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 213,30 EUR gem. §§ 7 StVG, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, 249 BGB. Lediglich hinsichtlich des Verzugsschadens ist die Klage teilweise abzuweisen."

Die Bekl. haftet als Haftpflichtversicherung dem Grunde nach unstreitig zu 100 Prozent hinsichtlich der unfallbedingten Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 19.7.2013.

Die Bekl. hat nach § 249 BGB den Wiederbeschaffungsaufwand, das heißt den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwertes zu ersetzen (BGHZ 115, 364, 372).

Der Wiederbeschaffungswert beträgt unstreitig 19.000 EUR, Von diesem Wert sind 5.400 EUR Restwert abzuziehen. Die Bekl. hat dagegen bei ihrer Berechnung 9.288 EUR als Restwert zugrunde gelegt und auf dieser Basis abgerechnet, weshalb die Differenz der beiden Restwerte, mithin 3.888 EUR noch auszugleichen ist.

Dem steht auch nicht das Wirtschaftlichkeitsgebot entgegen. Nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot darf sich der Geschädigte nur das in Rechnung stellen, was ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf (BGH NJW 2010, 1445, BGHZ 115, 364).

Dem Gebot der Wirtschaftlichkeit leistet der Geschädigte im allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung durch § 249 S. 2 BGB gezogenen Grenzen, wenn er das Unfallfahrzeug auf der Grundlage eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens und des darin ausgewiesenen Restwertes verkauft oder in Zahlung gibt. Denn das Gutachten eines Sachverständigen bildet i.d.R. eine geeignete Grundlage für die Bemessung des Restwertes, so dass der Geschädigte den so ermittelten Restwertbetrag grds. seiner Schadensberechnung zugrunde legen darf. Der Schädiger kann den Geschädigten deshalb grds. nicht auf einen höheren Restwerterlös verweisen, den dieser auf einem Sondermarkt durch spezialisierte Restwertkäufer erzielen könnte (BGH NJW 2005, 3132; BGH, Urt. v. 30.11.1999 – VI ZR 219/98 zit. nach juris).

Zweifel an der Geeignetheit des privaten Sachverständigengutachtens werden nicht erhoben, so dass grds. auch auf den sich daraus ergebenden Restweit abgestellt werden kann.

Diese Grundsätze, schließen es freilich nicht aus, dass besondere Umstände dem Geschädigten Veranlassung geben können, günstigere Verwertungsmöglichkeit...

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