BGB §§ 275 Abs. 1, 295, 320, 323, 326 Abs. 5, 433 Abs. 2, 434 Abs. 1

Leitsatz

1) Bei Gebrauchtfahrzeugen gehört es nicht ohne Weiteres zur üblichen Beschaffenheit i.S.v. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB, dass sich alle Fahrzeugteile noch im Originalzustand befinden. Die übliche Beschaffenheit ist deshalb grundsätzlich nicht infrage gestellt, wenn einzelne (wesentliche) Fahrzeugteile in technisch einwandfreier Weise erneuert wurden. Das gilt auch, wenn das Fahrzeug mit einer neuen Lackierung versehen worden ist, um es technisch und optisch wieder in einen tadellosen Zustand zu versetzen.

2) Welche Beschaffenheit des Kaufgegenstandes ein Käufer anhand der Art der Sache i.S.v. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB erwarten kann, bestimmt sich nach dem Empfängerhorizont eines Durchschnittskäufers und damit nach der objektiv berechtigten Käufererwartung. Diese orientiert sich im Regelfall an der üblichen Beschaffenheit gleichartiger Sachen. Dagegen ist nicht entscheidend, welche Beschaffenheit der Käufer tatsächlich erwartet und wie er auf eine hiervon abweichende Beschaffenheit reagiert.

BGH, Urt. v. 20.5.2009 – VIII ZR 191/07

Sachverhalt

Der damals noch als Verkäufer bei der Beklagten beschäftigte Kläger kaufte von dieser am 18.11.2004 einen gebrauchten Pkw Mercedes CLK Cabrio für 32.900 EUR. Dieses Fahrzeug hatte er zuvor seinerseits durch Vertrag vom 12.2.2004 zum gleichen Preis an die Beklagte verkauft und dabei die Verpflichtung übernommen, für den Fall, dass die Beklagte bei einem Verkauf des Fahrzeugs Verlust machen sollte, den entsprechenden Betrag nachzuzahlen. Auf den im Vertrag vom 18.11.2004 vereinbarten Kaufpreis leistete der Kläger eine Anzahlung von 5.000 EUR. Die Restzahlung sollte bis März 2005 erfolgen. Das verkaufte Fahrzeug verblieb auf dem Betriebsgelände der Beklagten und wurde dort am 25.2.2005 zusammen mit anderen Fahrzeugen zerkratzt. Der Kläger erklärte daraufhin ohne vorherige Fristsetzung mit Schreiben vom 30.3.2005 den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte zur Rückerstattung der geleisteten Anzahlung auf.

Mit seiner Klage hat der Kläger die Rückzahlung der Anzahlung in Höhe von 5.000 EUR nebst Zinsen und die Feststellung begehrt, dass der Beklagten kein Anspruch auf einen Verlustausgleich aus dem Vertrag vom 12.2.2004 zusteht. Die Beklagte hat widerklagend in erster Linie die Verurteilung des Klägers zur Zahlung des Restkaufpreises in Höhe von 27.900 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs sowie die Feststellung eines Annahmeverzugs des Klägers beantragt. Das LG hat die Klage abgewiesen und der Widerklage unter Abweisung im Übrigen hinsichtlich des Zahlungsantrags stattgegeben. Auf die Berufung des Klägers hat das OLG der Klage insgesamt stattgegeben, die Anschlussberufung der Beklagten, mit der diese ihren Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs sowie hilfsweise auf Feststellung einer Verlustausgleichspflicht des Klägers weiterverfolgt hat, zurückgewiesen und die Widerklage vollständig abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der vom Senat zugelassenen Revision.

Aus den Gründen

Aus den Gründen: [3] „Die Revision hat Erfolg.

[4] I. Das BG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

[5] Der Kläger, dem das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Beschädigung noch nicht übereignet gewesen sei und der sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme mit der Abnahme nicht im Verzug befunden habe, sei auch ohne Fristsetzung wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten, weil der Beklagten infolge der Lackbeschädigung die Erfüllung des Kaufvertrages unmöglich geworden sei. Sie habe einen durch speziellen Gebrauch und spezielle Abnutzung individualisierten Gebrauchtwagen im damaligen, beiden Parteien bekannten, unbeschädigten und unfallfreien Zustand geschuldet, und dies bedeute mit Originallack, selbst wenn ausdrücklich im Kaufvertrag keine Originallackierung aufgeführt gewesen sei. Da die Originallackierung zerstört sei, sei das Fahrzeug in einem vertragsgemäßen Zustand nicht mehr lieferbar. Die grundsätzlich mögliche Nachlieferung eines gleichwertigen anderen Fahrzeugs scheide aus, weil der Kläger seine Kaufentscheidung nicht nur auf Grund objektiver Anforderungen getroffen, sondern ein ihm in seinen wertbegründenden Eigenschaften bekanntes Fahrzeug zurückgekauft habe, sodass es angesichts der konkreten Vorstellungen des Klägers zum Wiederverkaufswert für ihn erkennbar nicht austauschbar gewesen sei. Auch eine Nachlackierung des Fahrzeugs könne nicht zur Wiederherstellung der geschuldeten Kaufsache führen. Die mit einem Neulackierungsaufwand von 4.407,50 EUR zu beseitigende Zerstörung der geschuldeten Originallackierung durch Vandalismus sei vielmehr einem Unfallgeschehen gleichzusetzen und damit als erheblich einzustufen, sodass ein in dieser Weise repariertes Fahrzeug nicht mehr der geschuldeten Kaufsache entsprechen würde.

[6] Da die Weiterverkaufsmöglichkeiten durch das von der Beklagten zu tragende Schadensrisiko wesentlich gemindert seien, sei auch der vom Kläger im Vertrag vom 12.2.2004 übernommene Verlustausgleich ...

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