VVG § 61 (a.F.)

Leitsatz

Verlässt ein Versicherungsnehmer seine Wohnung ohne die Tür zu verriegeln, so ist ein Einbruchsdiebstahl unter Aufbrechen der Tür grob fahrlässig herbeigeführt, weil der durch die fehlende Verriegelung erforderliche Kraftaufwand der Täter erheblich geringer ist.

OLG Köln, Beschl. v. 14.2.2008 u. 24.4.2008 – 9 U 148/07

Aus den Gründen

Aus den Gründen des Beschlusses vom 14.2.2008: “Das LG hat mit zutreffender und überzeugender Begründung ausgeführt, es sei von einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls auszugehen, sodass die Beklagte gem. § 61 VVG a.F. leistungsfrei sei …

Das LG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte hinsichtlich der Tatsachen, die zum Vorwurf der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls führen, darlegungs- und beweispflichtig ist, indes sind die hier insoweit maßgeblichen Tatsachen im Wesentlichen unstreitig. Der Kläger trägt nämlich selbst vor, er habe die Wohnung mit allen Familienmitgliedern für mehrere Stunden verlassen, ohne die Tür mithilfe eines Schlüssels zu verriegeln. Nach den Feststellungen des Sachverständigen ist dieses Verhalten für den Eintritt des Versicherungsfalls kausal geworden. Der Kraftaufwand, der in der gegebenen Situation erforderlich war, um die Tür zu öffnen, war etwa um die Hälfte geringer als der bei einer verriegelten Tür erforderliche Aufwand (vgl. … ): Soweit der Kläger meint, der Sachverständige habe bei dieser Wertung “die weitgehend überwundene Widerstandskraft des hölzernen Türblattes schlicht übersehen’, ist dies nicht nachvollziehbar. Anhaltspunkte dafür, dass der Sachverständige bei seiner Wertung die von ihm selbst beschriebenen Beschädigungen z.T. unberücksichtigt ließ, liegen nicht vor.

Im Übrigen sind die Einwände des Klägers ersichtlich unberechtigt. Die von ihm in den Raum gestellte Frage, ob das Türblatt als solches im Fall einer Verriegelung einen höheren Widerstand gebildet hätte, trifft nicht den Kern der Sache, nämlich die Frage, um wie viel stärkere Kräfte erforderlich gewesen wären, wenn eine Verriegelung vorhanden gewesen wäre. Zu dieser Frage hat der Sachverständige unter Berücksichtigung aller vom Kläger geltend gemachten Umstände Stellung genommen, und den Ausführungen des Sachverständigen ist ohne weiteres zu entnehmen, dass eine Betätigung des Schließmechanismus zu einer stärkeren Verbindung zwischen Türblatt und Türzarge geführt hätte. Diese stärkere Verbindung hätte ein Täter überwinden müssen, wenn eine Verriegelung erfolgt wäre. Zu einer Beschädigung des Türblatts wäre es möglicherweise überhaupt nicht gekommen, wenn die Verriegelung nicht überwunden worden wäre. Das Türblatt war vor dem Einbruch nicht beschädigt und war dementsprechend ein Hindernis, das gegebenenfalls zusätzlich zur Verriegelung durch Krafteinsatz zu überwinden war. Die Frage, ob das “aufgespaltene Türblatt den Tätern keinen weiteren erheblichen Widerstand mehr entgegensetzen konnte’, kann sich auf die Beurteilung des erforderlichen Kraftaufwandes nicht auswirken, weil das Türblatt beim Eintreffen der Täter nicht “aufgespalten’ war. Es war erst kurz vor der Tat in neuwertigem Zustand eingebaut worden. … “

Anmerkung

Aus den Gründen des Beschlusses vom 28.4.2008: “ … Ergänzend wird mit Rücksicht auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 23.4.2008, mit dem erneut die Auffassung vertreten wird, es sei ein ergänzendes Gutachten einzuholen, Folgendes ausgeführt:

Selbst wenn der tatsächliche Kraftaufwand der Täter, der sich aus den Beschädigungen der Tür ablesen lässt, den Rückschluss zulässt, dass sie in der Lage gewesen wären, auch eine verriegelte Tür zu öffnen, führt dies nicht dazu, dass die unterlassene Verriegelung für das konkrete Einbruchsgeschehen als nicht kausal anzusehen ist. Der Einbruch wäre durch eine Verriegelung zweifelsfrei erschwert worden. Dies genügt, um die Kausalität der unterlassenen Verriegelung für das konkrete Einbruchsgeschehen zu bejahen. Wie die Täter sich verhalten hätten, wenn sie mit der durch eine Verriegelung geschaffenen Erschwernis konfrontiert gewesen wären, hängt nicht nur von der ihnen zur Verfügung stehenden Kraft ab. Spekulationen über einen alternativen Tatablauf verbieten sich. Zu beurteilen ist das konkrete Geschehen, das u.a. durch die unterlassene Türverriegelung beeinflusst war.“

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