II. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. In der Sache hat sie keinen Erfolg. Weitere Sachverständigenkosten über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag hinaus stehen dem Kläger nicht zu.

1. Das Erstgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass dem Kläger dem Grunde nach ein Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz der Kosten des eingeholten Schadengutachtens aus §§ 7, 18 StVG, 115 VVG zusteht. Denn die Kosten für die Begutachtung des bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeugs gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. BGH, Urt. v. 28.2.2017 – VI ZR 76/16, NJW 2017, 1875).

2. Fehlt es dabei – wie hier – sowohl an einer vom Geschädigten beglichenen Rechnung als auch an einer plausiblen Honorarvereinbarung und einer damit korrespondierenden Rechnung, ist die Höhe der nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erforderlichen Kosten unabhängig von der Rechnung und Vereinbarung zu ermitteln (vgl. BGH, Urt. v. 29.10.2019 – VI ZR 104/19, VersR 2020, 245).

3. Der für die Erstellung des Gutachtens erforderliche Aufwand kann in diesem Fall in Höhe der gemäß § 632 Abs. 2 BGB üblichen Vergütung für einen Kraftfahrzeugsachverständigen geschätzt werden. Denn der verständige Geschädigte wird bei Fehlen einer Honorarvereinbarung davon ausgehen, dass dem Sachverständigen die übliche Vergütung zusteht (vgl. BGH, Urt. v. 28.2.2017 – VI ZR 76/16, NJW 2017, 1875).

4. Die hier von dem Schadengutachter gewählte Abrechnung eines pauschalierten Grundhonorars zuzüglich Nebenkosten entspricht kammerbekannt der üblichen Abrechnung der Schadengutachter im Gerichtsbezirk und begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken (vgl. BGH, Urt. v. 04.4.2006 – X ZR 80/05, NJW-RR 2007, 56). In diesem Fall können mit den Nebenkosten indes nur tatsächlich angefallene Aufwendungen verlangt werden, wohingegen die üblichen Gemeinkosten bereits mit dem Grundhonorar abgegolten sind. Zu den Gemeinkosten zählen dabei diejenigen Kosten, die nicht nur anlässlich des zu vergütenden Gutachtenauftrages entstanden sind, insbesondere die mit dem Bürobetrieb verbundenen Kosten (vgl. die Nachweise im Urteil der Kammer vom 02.7.2021 – 13 S 141/20, NJW-RR 2021, 1150).

a) Zu den mit dem Grundhonorar abgegoltenen Gemeinkosten zählen dabei auch die Kosten zur Herstellung von Ablichtungen für das Archiv des Gutachters (vgl. Kammer, Urt. v. 02.7.2021 – 13 S 141/20, NJW-RR 2021, 1150 m.w.N.). Mit Recht hat das Erstgericht daher einen Anspruch betreffend die Schreibkosten für den 3. Satz und Kosten für den 3. Fotosatz verneint.

b) Auch den "Aufwand Fremdrechnung" hat das Erstgericht mit Recht den Gemeinkosten zugerechnet. Der Zeuge … hat hierzu bekundet, dass diese "Handlingpauschale" von 10,– EUR (netto) dafür erhoben wird, dass das Sachverständigenbüro mit dem von der Fremdfirma in Rechnung gestellten Betrag in Vorkasse treten muss und dadurch dessen Liquidität geschmälert wird. Er hat weiter ausgeführt, dass es dabei gerade nicht nur um das Fahrzeug des Klägers gehe, sondern auch um diverse andere Fahrzeuge. Bei der geltend gemachten Pauschale handelt es sich daher nicht um konkret bei dem Auftrag des Klägers angefallene Kosten, sondern solche des allgemeinen Geschäftsbetriebs.

c) Die "Desinfektionspauschale COVID-19" hat das Erstgericht ebenfalls mit Recht den Gemeinkosten zugeordnet (vgl. AG Saarbrücken, Urt. v. 25.9.2020 – 120 C 279/20 (05) –, juris; AG Völklingen, Urt. v. 13.11.2020 – 16 C 283/20 (11) –, juris; a.A. AG Pinneberg, Urt. v. 03.3.2021 – 62 C 86/20 –, juris). Der Zeuge … hat hierzu bekundet, dass Masken, Handschuhe und Desinfektionsmittel benötigt würden und ein höherer Zeitaufwand entstehe. Der Zeitaufwand ist indes grundsätzlich bereits mit dem Grundhonorar abgegolten (vgl. OLG Bremen, Urt. v. 26.9.2018 – 1 U 14/18 –, juris). Gleiches gilt aber auch für das Hygieneverbrauchsmaterial. Denn die Pauschale betrifft auch insoweit ersichtlich nicht solche tatsächlichen Aufwendungen, die konkret anlässlich des Gutachtenauftrags des Klägers angefallen sind, sondern die von dem konkreten Auftrag unabhängige generelle Beschaffung des Verbrauchsmaterials. Die Berufung führt insoweit selbst aus, dass gerade keine konkrete Abrechnung des verbrauchten Materials erfolgt. Auch das Hygieneverbrauchsmaterial unterfällt daher den Gemeinkosten (vgl. SG Mainz, Beschl. v. 17.9.2020 – S 2 R 250/19 –, juris für einen medizinischen Sachverständigen; s.a. Hessisches Landessozialgericht, Beschl. v. 15.11.2021 – L 2 SB 128/21 B –, juris, dass allerdings einen pauschalierten Ersatz für besondere Aufwendungen nach § 12. Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG zuerkennt; ebenso Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 18.11.2020 – L 4 SB 122/19 –, juris). Diese Kosten sind daher nicht gesondert neben dem Grundhonorar als Nebenkosten zu vergüten. Ob die Kosten bei der Bemessung des Grundhonorars tatsächlich Be...

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