"… Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand."

Das BG hat dem Kl. die geltend gemachten Bereicherungsansprüche zu Recht versagt, weil er im Jahre 2015 den Widerspruch nach § 5a Abs. 1 S. 1 VVG a.F. nicht fristgerecht erklärt hat. Unstreitig wurden ihm mit Aushändigung des Versicherungsscheins, die Versicherungsbedingungen sowie die Verbraucherinformationen überlassen. Er wurde auch über sein Widerspruchsrecht, wie das BG rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht angegriffen festgestellt hat, inhaltlich wie formell ordnungsgemäß belehrt. Die damit in Gang gesetzte Widerspruchsfrist von 14 Tagen hat er nicht gewahrt.

1. Der Beginn der in § 5a Abs. 1 S. 1 VVG a.F. bestimmten vierzehntätigen Widerspruchsfrist gem. § 5a Abs. 2 S. 1 VVG a.F. setzt zwar unter anderem voraus, dass dem VN die Verbraucherinformation nach § 10a VAG a.F. vollständig vorliegt. Die Revision rügt aber ohne Erfolg, dass das BG die dem Kl. erteilte Verbraucherinformation nicht etwa deshalb als unvollständig angesehen hat, weil im Versicherungsschein nur eine Gesamtprämie für die Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ausgewiesen wurde, ohne den auf die Zusatzversicherung entfallenden Teilbetrag zu benennen. Einen Einzelausweis der Prämien forderte Abschnitt I Nr. 1 Buchst. e) der Anlage Teil D zum VAG a.F. lediglich dann, wenn das “Versicherungsverhältnis mehrere selbstständige Versicherungsverträge umfassen soll'. Eine Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung erfüllt diese Voraussetzung nicht.

a) Dass nach § 10a Abs. 1 VAG a.F. i.V.m. der Anl. Teil D keine Verpflichtung zum gesonderten Prämienausweis bestand, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der vorgenannten Regelung. Diese knüpft an die Vertragspraxis der VR an, die häufig in einem einheitlichen Vertrag Versicherungsschutz gegen unterschiedliche Risiken gewähren und erst in den 1970er Jahren dazu übergegangen waren, eine ausdrücklich als “selbstständig' bezeichnete Versicherung gegen Berufsunfähigkeit anzubieten (vgl. VerBAV 1974, 345). Zuvor hatte nur die Möglichkeit bestanden, derartigen Versicherungsschutz gemeinsam mit dem Abschluss eines Lebensversicherungsvertrages zu erlangen (vgl. VerBAV a.a.O.).

Seither wird zwischen einer selbstständigen Berufsunfähigkeitsversicherung einerseits und einer (unselbstständigen) Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung andererseits unterschieden (vgl. hierzu Senat, VersR 2010, 375; NJW-RR 2001, 1242 unter II 2 b; VersR 1991, 289 unter III; VersR 1988, 1233 unter 3 …). Die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zeichnet sich dadurch aus, dass sie mit der Lebensversicherung eine Einheit bildet (…).

Vor diesem Hintergrund geht die ganz herrschende Auffassung in Rspr. und Literatur (vgl. OLG Frankfurt, 7.10.2019 – 3 U 128/19, n.v.; OLG Köln, 27.9.2019 – 20 U 129/18, n.v.; Präve, VW 1995, 90, 94; Biagosch/Scherer, VW 1995, 429, 431; Bach, FS E. Lorenz 1994 S. 45, 54; …) zu Recht davon aus, dass bei einer Lebensversicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung im Ausgangspunkt – das heißt vorbehaltlich einer richtlinienkonformen Interpretation des nationalen Rechts – die Voraussetzungen zweier selbstständiger Versicherungsverträge nicht erfüllt sind.

Dass der Gesetzgeber Lebensversicherungen mit eingeschlossenen Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungen von der Pflicht zum Einzelausweis der Prämien in der Verbraucherinformation ausnehmen wollte, wird bestätigt durch einen Vergleich des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung v. 4.3.1994 (BT-Drucks 12/6959 S. 33) mit dem ihm vorausgegangenen Referentenentwurf des Bundesministeriums für Finanzen. Der – öffentlich diskutierte (vgl. Büchner, Der Referentenentwurf eines Dritten Durchführungsgesetzes/EWG zum VAG auf dem Prüfstand 1993 S. 12 …) und als Auslegungsgesichtspunkt zu berücksichtigende (vgl. hierzu insb. BVerwG NVwZ 2016, 1010; NVwZ 2013, 431) – Referentenentwurf enthielt nicht nur eine den Prämienausweis bei rechtlich selbstständigen Versicherungsverträgen betreffende Regelung (§ 10a Abs. 5 S. 3 VAG-RefE), sondern sah ausdrücklich auch vor, dass über “die Prämien für eingeschlossene Zusatzversicherungen' zu informieren ist (§ 10a Abs. 1 Nr. 6 VAG-RefE). Letzteres ist nicht in die endgültige Fassung zum VAG übernommen worden.

b) Ob der Entschluss des Gesetzgebers, in Abschnitt I Nr. 1 Buchst. e) der Anl. Teil D zum VAG a.F. von einer Pflicht zum Einzelausweis der auf eine Lebens- und Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zu leistenden Prämien abzusehen und gem. § 5a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a.F. einen von dieser Prämienaufschlüsselung unabhängigen Beginn der Widerspruchsfrist zu bestimmen, im Einklang mit Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 92/96/EWG des Rates v. 10.11.1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) sowie zur Änderung der RL 79/267/EWG und 90/619/EWG (Dritte RL Lebensversicherung, ABl L 360 S. 1) steht, ist entgegen der Auffassung der Revision nic...

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