1) Die Einführung der Begriffe der Pflichtverletzung und der Nacherfüllung durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz haben zu Abgrenzungsschwierigkeiten hinsichtlich der Ersatzansprüche aus Gewährleistung geführt, die der BGH eingehend behandelt. In dem bis zum Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes geltenden § 635 BGB a.F. wurden Schäden bei Durchführung eines Werkvertrages, die eng und unmittelbar mit dem Mangel zusammenhingen, nach § 635 BGB ersetzt. Entferntere Mangelfolgeschäden lösten bei Verschulden Schadensersatzansprüche aus positiver Vertragsverletzung aus. Die Abgrenzung zwischen beiden Fallgruppen glückte unter anderem deshalb nicht befriedigend, weil der BGH hierfür eine "falladäquate Lösung" empfahl (vgl. BGH NJW 1982, 2224; BGH NJW 1991, 2418; vgl. auch Werner/Pastor, Der Bauprozess, 8. Aufl., Rn 1752–1759). Umfangreiches Rechtsprechungsmaterial vorwiegend aus dem Baurecht und große Unsicherheiten bezüglich der Einordnung waren die Folge (vgl. Werner/Pastor a.a.O. Rn 1689–1692).

2) Eines der Ziele des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes war die Beseitigung der Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen den Fallgruppen des § 635 BGB a.F. und der positiven Vertragsverletzung (vgl. Voppel BauR 2002, 843 [852]; Teichmann JuS 2002, 217, 421). Dem diente die Einordnung des Gewährleistungsrechtes in das allgemeine Leistungsstörungsrecht (vgl. § 634 Nr. 4 BGB). Es wird bezweifelt, ob damit alle Abgrenzungsschwierigkeiten beseitigt sind (vgl. Wagner JZ 2002, 475 [481]). Die Entscheidung des BGH zeigt, dass nach wie vor zwischen Mangel- und entferntem Mangelfolgeschaden zu unterscheiden ist, wobei die Einordnung beider Fallgruppen als Pflichtverletzung unproblematisch, die Reichweite des Nacherfüllungsanspruchs zweifelhaft ist.

Das neue, allgemeine Leistungsstörungsrecht der §§ 280 ff. BGB unterscheidet zwischen Schadensersatzansprüchen statt der Leistung und neben der Leistung und nimmt damit mit anderer Terminologie die seitherige Unterscheidung zwischen engem und entferntem Mangelfolgeschaden auf. Hatte der Werkmangel zur Folge, dass an anderen Rechtsgütern des Bestellers Schäden eintraten, die rückwirkend nicht durch eine Nacherfüllung beseitigt werden konnten, lag ein Schadensersatz neben der Leistung vor (vgl. Rn 16). Grundnorm dieses Anspruchs ist § 280 Abs. 1 BGB, für dessen Entstehen die Fristsetzung zur Nacherfüllung wegen fehlender Möglichkeit zur Beseitigung des Schadens nicht sinnvoll erscheint. Bei der Erfüllung des Werkvertrages lag eine Schutzpflichtverletzung vor, die nicht Gegenstand der durch den Werkvertrag begründeten Leistungspflicht war (vgl. Looschelders, Schuldrecht – Allgemeiner Teil I, 7. Aufl., Rn 691, 566 f.). Abzugrenzen ist der Schadensersatzanspruch neben der Leistung von dem Schadensersatzanspruch statt der Leistung, der im Wege der Nacherfüllung nach fruchtloser Fristsetzung die Leistung nicht mehr beansprucht, jedenfalls aber den Mangelschaden ersetzt verlangt (vgl. Ostendorf NJW 2010, 2833). Die Abgrenzung zwischen beiden Arten des Schadensersatzes ist einfach, da die Fallgruppe statt der Leistung mit den im Werkvertrag umschriebenen Leistungen korrespondiert (vgl. auch Rn 28).

RiOLG a.D. Heinz Diehl

zfs 9/2019, S. 500 - 503

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