" … Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei. Er darf zur Schadensbeseitigung grds. den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint. Denn Ziel der Schadensrestitution ist es, den Zustand wiederherzustellen, der wirtschaftlich gesehen der hypothetischen Lage ohne das Schadensereignis entspricht. Der Geschädigte ist deshalb grds. berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen. Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Allerdings ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insb. auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (sog. subjektbezogene Schadensbetrachtung). Auch ist der Geschädigte grds. nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (vgl. zum Ganzen zusammenfassend BGH, Urt. v. 19.7.2016 – VI ZR 491/15, NJW 2016, 3363, juris Rn 15 f. m.w.N.)."

Für die Frage der Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit der Beauftragung eines Sachverständigen ist auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen. Demnach kommt es darauf an, ob ein verständig und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten erachten durfte. Diese Voraussetzungen ergeben sie sich bereits aus § 249 BGB, so dass die Darlegungs- und Beweislast hierfür beim Geschädigten liegt (BGH, Urt. v. 30.11.2004 – VI ZR 365/03, NJW 2005, 356, juris Rn 17 m.w.N.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist in Rspr. und Literatur umstritten, unter welchen Umständen die Erforderlichkeit der Kosten eines vom Geschädigten erholten Zweitgutachtens eines anderen Sachverständigen zu bejahen ist. Zum Teil wird davon ausgegangen, die Kosten des Zweitgutachtens seien lediglich dann vom Schädiger zu ersetzen, wenn das Erstgutachten von ihm oder seinem Haftpflichtversicherer in Auftrag gegeben worden ist und aus der Sicht des Geschädigten begründete Zweifel an seiner Richtigkeit bestehen (so z.B. Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 5. Aufl. 2014, § 26 Rn 8). Wohl überwiegend wird hingegen vertreten, der Geschädigte dürfe die Einholung eines zweiten – “eige nen‘ – Gutachtens selbst dann für erforderlich halten, wenn Zweifel an der Objektivität oder Richtigkeit des vom Schädiger beauftragten Gutachtens nicht bestehen (z.B. OLG Stuttgart, NJW 1974, 951; KG DAR 1976, 241; LG Mannheim zfs 1980, 266; AG Oldenburg in Holstein, BeckRS 2008, 09416; Vuia, NJW 2013, 1197, 1199 m.w.N., auch zur Gegenauffassung). Verwiesen wird insoweit auf den Grundsatz der Waffengleichheit; bei der Beauftragung eines Sachverständigen durch den Unfallgegner bzw. dessen Versicherung müsse der Geschädigte das Recht behalten, das Gutachten eines Sachverständigen “seines Vertrauens‘ einzuholen (so z.B. OLG Stuttgart NJW 1974, 951, bei juris Rn 37 a.E.).

Es bedarf im vorliegenden Fall keiner endgültigen Entscheidung, welcher der vorstehenden Auffassungen der Vorzug zu geben ist. Der Kl. durfte hier auch bei Anlegung des strengeren Maßstabs die Beauftragung des Sachverständigen als Zweitgutachter für erforderlich halten. Denn nach den konkreten Umständen des Einzelfalls konnte und durfte der Kl. zum Zeitpunkt der Auftragserteilung an den Sachverständigen berechtigte Zweifel sowohl an Sachkunde und Neutralität des beklagtenseits beauftragten Sachverständigen als auch an der Richtigkeit seiner Feststellungen haben: So war der Kl. am 12.4.2016 bei der Besichtigung seines beschädigten Pkw durch den Sachverständigen (von dem er wusste, dass er von der Bekl. beauftragt worden war) anwesend und bekam unmittelbar mit, dass dieser von einer zumindest naheliegenden Untersuchung des Pkw auf der Hebebühne und einer Vermessung der Achsen absah, obgleich eine Beschädigung der Hinterachse im Raum stand. Nach Erhalt des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen v. 13.4.2016 (Anlage K 5, Bl. 18 ff. d.A.) musste der Kl. feststellen, dass ein falscher Fahrzeugtyp zugrunde gelegt worden war (wenn auch m...

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