Durchsuchungsmaßnahmen, die nicht zur Identitätsfeststellung erforderlich sind, sind nicht von § 163b StPO, sondern von §§ 102, 105 StPO erfasst. Ein Verstoß gegen den darin enthaltenen Richtervorbehalt zieht jedoch nur dann ein Beweisverwertungsverbot nach sich, wenn eine umfassende Abwägung der Interessen der Allgemeinheit an der wirksamen Strafverfolgung gegen das Interesse des Betroffenen an der Einhaltung der Verfahrensvorschriften ergibt, dass die Interessen der Allgemeinheit überwiegen. Hierbei sind u.a. einschlägige Vorstrafen, das Gewicht des Vorwurfs und die Möglichkeit der hypothetisch rechtmäßigen Beweiserlangung zu berücksichtigen.[21]

Bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten verlangt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht generell, dass von einer Durchsuchung (und Beschlagnahme) abgesehen wird. Die Durchsuchung hat der Gesetzgeber gem. § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. §§ 102, 103 StPO grundsätzlich auch im Bußgeldverfahren vorgesehen. Soweit durch Bußgeldvorschriften Eingriffe in die Sicherheit des Straßenverkehrs sanktioniert werden, dient die Prävention des Ordnungswidrigkeitenverfahrens jedenfalls auch dem Schutz der hochrangigen Rechtsgüter Leib und Leben. Eine schematische Untergrenze für intensivere Eingriffsmaßnahmen etwa im Hinblick auf die Bußgeldhöhe existiert jedenfalls nicht; vielmehr ist jeweils eine Abwägung im konkreten Einzelfall vorzunehmen. Dabei sind – unabhängig davon, ob es sich um eine Durchsuchung bei einem Betroffenen oder einer dritten Person handelt – u.a. die Schwere der Tat und die Stärke des Tatverdachts, die Auffindewahrscheinlichkeit, etwa bereits vorliegendes oder anderweitig zu gewinnendes Beweismaterial, Inhalt und Umfang der Anordnung, Voreintragungen des Betroffenen im Verkehrszentralregister (jetzt: Fahreignungsregister), die Art der betroffenen Räumlichkeiten und Schutzvorkehrungen zur Beschränkung der Maßnahme zu berücksichtigen.[22] Auch nicht aufzuklärende vorausgegangene Ordnungswidrigkeiten mit dem gleichen Kraftfahrzeug können mit in Betracht zu ziehen sein.[23]

[22] Vgl. EGMR, III. Sektion, Urt. v. 28.4.2005 – 41604/98, NJW 2006, 1495 ff.

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