Ein Beweisverwertungsverbot stellt von Verfassungs wegen eine begründungsbedürftige Ausnahme dar, weil es die Beweismöglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden zur Erhärtung oder Widerlegung des Verdachts strafbarer Handlungen einschränkt und so die Findung einer materiell richtigen und gerechten Entscheidung beeinträchtigt. Grundrechtsverletzungen, zu denen es außerhalb der Hauptverhandlung gekommen ist, führen daher nicht zwingend dazu, dass auch das auf dem Inbegriff einer Hauptverhandlung beruhende Strafurteil gegen Verfassungsrecht verstößt. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist ein Beweisverwertungsverbot geboten, wenn die Auswirkungen des Rechtsverstoßes dazu führen, dass dem Angeklagten keine hinreichenden Möglichkeiten zur Einflussnahme auf Gang und Ergebnis des Verfahrens verbleiben, die Mindestanforderungen an eine zuverlässige Wahrheitserforschung nicht mehr gewahrt sind oder die Informationsverwer tung zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht führen würde. Zudem darf eine Verwertbarkeit von Informationen, die unter Verstoß gegen Rechtsvorschriften gewonnen wurden, nicht bejaht werden, wo dies zu einer Begünstigung rechtswidriger Beweiserhebungen führen würde. Ein Beweisverwertungsverbot kann daher insbesondere nach schwerwiegenden, bewussten oder objektiv willkürlichen Rechtsverstößen, bei denen grundrechtliche Sicherungen planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen worden sind, geboten sein.[6]

Das BVerfG geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Beurteilung der Frage, welche Folgen ein möglicher Verstoß gegen strafprozessuale Verfahrensvorschriften hat und ob hierzu ein Beweisverwertungsverbot zählt, in erster Linie den zuständigen Fachgerichten obliegt.[7] Verfassungsrechtlich ist nur zu prüfen, ob der Anspruch auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG erfüllt wird. Unter diesem Gesichtspunkt ist allein entscheidend, ob ein rechtsstaatlicher Mindeststandard gewahrt ist und weiter, ob die maßgeblichen strafrechtlichen Vorschriften unter Beachtung des Fairnessgrundsatzes und in objektiv vertretbarer Weise, also ohne Verstoß gegen das allgemeine Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG), ausgelegt und angewandt worden sind.[8] Ein Verstoß gegen den Richtervorbehalt kann beispielsweise zu einem Beweisverwertungsverbot führen. Insbesondere die Gewinnung von Blutproben rechnet das BVerfG hier aber nur zu den einfach-rechtlichen Richtervorbehalten, da das Grundgesetz nur ausdrückliche Richtervorbehalte zwar für Wohnungsdurchsuchungen (Art. 13 Abs. 2 GG) und Freiheitsentziehungen (Art. 104 Abs. 2 S. 1 GG), nicht aber für Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1, 3 GG) vorsieht.[9] So zählt das BVerfG die Bestimmung des § 81a StPO, wonach die Anordnung körperlicher Eingriffe, wie z.B. die Entnahme von Blutproben, durch den Richter erfolgen muss, zu den Regelungen, die nicht unbedingt ein Verwertungsverbot auslösen, wenn gegen sie verstoßen wird.[10]

[7] BVerfG, Beschl. v. 24.2.2011 – 2 BvR 1596, BayVBl 2011, 469.
[8] BVerfG, Beschl. v. 28.7.2008 – 2 BvR 784/08, zfs 2009, 46.
[9] BVerfG, Beschl. v. 28.7.2008 – 2 BvR 784/08, zfs 2009, 46.

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