Im Strafverfahren ist der Staat verpflichtet, die Wahrheit zu ermitteln. Doch das gilt nicht um jeden Preis.[1] Übergeordnete rechtsstaatliche Gesichtspunkte können es verbieten, bestimmte Beweise zu verwerten (selbstständiges Beweisverwertungsverbot) oder sie zur Grundlage einer Verurteilung zu machen, weil sie unter Verletzung von Vorschriften über die Beweiserhebung zustande gekommen sind (unselbstständige Beweisverwertungsverbote).

Ausdrücklich geregelte Beweisverwertungsverbote finden sich in der StPO nur in wenigen Fällen. So bestimmt § 136a Abs. 2 S. 2 StPO, dass Aussagen, die unter Beeinträchtigung der Freiheit des Willens eines Beschuldigten (Misshandlung, Ermüdung, körperlicher Eingriff, Verabreichung von Mitteln, Quälerei, Täuschung, Hypnose) zustande gekommen sind, nicht verwertet werden dürfen.

War die Beweiserhebung unzulässig, d.h. mit einem Verfahrensfehler behaftet, bedeutet dies noch nicht, dass hieraus zwingend auch ein (unselbstständiges) Beweisverwertungsverbot folgt. Andererseits kann aber auch die Beweiserhebung zulässig gewesen und dennoch ein selbstständiges Beweisverwertungsverbot anzunehmen sein.[2]

Die StPO trifft keine abschließende Regelung über Beweisverwertungsverbote.[3] In den von der Rechtsprechung anerkannten Fällen eines (ungeschriebenen) Beweisverwertungsverbotes ist dem Gesetz tatsächlich kein Hinweis darüber zu entnehmen, ob ein solches Verbot besteht oder nicht.[4]

Bei den selbstständigen Beweisverwertungsverboten sind die Beweise rechtmäßig erhoben worden oder es hat eine "formelle" Beweiserhebung gar nicht stattgefunden. Es kann sich jedoch aus der Intensität eines (Grundrechts-)Eingriffs ein Beweisverwertungsverbot ergeben. Das ist z.B. der Fall, wenn gezielt gegen das Schweigerecht des § 136 StPO verstoßen worden ist, etwa wenn ein verdeckter Ermittler eingesetzt wird, um einen Betroffenen zu einer ihn selbst belastenden Aussage zu veranlassen.[5] Bei den unselbstständigen Beweisverwertungsverboten dagegen ergibt sich die Unzulässigkeit der Verwertung aus einem Verstoß gegen die Beweiserhebung, so in den "Normalfällen" aufgrund fehlender Belehrung über ein Aussageverweigerungsrecht.

[1] BGH, Beschl. v. 27.2.1992 – 5 StR 190/91, BGHSt 38, 214 = NJW 1994, 1463.
[2] Heinrich/Reinbacher, Examinatorium Strafprozessrecht – Arbeitsblatt Nr. 26: Beweisverwertungsverbote I – Überblick, Juli 2010.
[3] BGH, Urt. v. 21.2.1964 – 4 StR 519/63, BGHSt 19, 325 = NJW 1964, 1139; BGH, Urt. v. 17.3.1983 – 4 StR 640/82, BGHSt 31, 304 = NJW 1983, 1570; BGH, Beschl. v. 27.2.1992 – 5 StR 190/91, BGHSt 38, 214 = NJW 1994, 1463.
[4] BGH, Beschl. v. 27.2.1992 – 5 StR 190/91, BGHSt 38, 214 = NJW 1994, 1463.
[5] Siehe hierzu z.B. Jura individuell Beweisverwertungsverbote – Übersicht, http://www.juraindividuell.de/artikel/beweisverwertungsverbote-uebersicht.

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