[5] "… Die Ausführungen des BG vermögen seine Beurteilung, der Klageanspruch sei verjährt, nicht zu tragen."

[6] Die Beurteilung des BG, die durch die Anspruchsanmeldung des Landkreises T v. 5.7.2007 ausgelöste Verjährungshemmung habe mit dem Abrechnungsschreiben der Bekl. v. 19.10.2009 ihr Ende gefunden, beruht darauf, dass es an die Entscheidung des VR i.S.d. § 115 Abs. 2 S. 3 VVG zu geringe rechtliche Anforderungen gestellt hat (vgl. Senat NJW-RR 1996, 474). Bei zutreffender Betrachtung ist eine die Verjährungshemmung beendende Entscheidung der Bekl. nicht ergangen. Damit ist die vorliegende Klage auch dann in unverjährter Zeit erhoben worden, wenn man mit dem BG von einer Rechtsnachfolge zwischen dem Landkreises T und dem Kl. ausgehen wollte.

[7] 1. Der Senat ist an der revisionsrechtlichen Überprüfung der rechtlichen Folgen des Abrechnungsschreibens der Bekl. v. 19.10.2009 nicht dadurch gehindert, dass die Revision lediglich die Auffassung des BG beanstandet, der Kl. sei Rechtsnachfolger des Landkreises T – geworden. Da nämlich die Revision die Aufhebung des angefochtenen Urteils begehrt und ihre Rüge zum Fehlen der Verjährungsvoraussetzungen mangels Rechtsnachfolge den geltend gemachten Anspruch vollständig erfasst, ist der Streitgegenstand insgesamt in der Revisionsinstanz angefallen. Damit ist die revisionsrechtliche Nachprüfung des Berufungsurteils ohne Bindung an die erhobenen Sachrügen uneingeschränkt eröffnet. …

[9] 2. Entgegen der Auffassung des BG ist in dem Abrechnungsschreiben der Bekl. v. 19.10.2009 keine die Hemmung beendende Entscheidung des VR i.S.d. § 115 Abs. 2 S. 3 VVG zu sehen. Nach dieser Vorschrift ist die Verjährung des bei dem VR angemeldeten Anspruchs bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des VR dem Anspruchsteller in Textform zugeht.

[10] a) Zwar kann nicht nur eine ablehnende, sondern auch eine anspruchsbejahende, für den Geschädigten positive Erklärung des VR eine Entscheidung i.S.d. § 115 Abs. 2 S. 3 VVG darstellen (vgl. dazu im Einzelnen Senat BGHZ 114, 299, 301 ff. [zu § 3 Nr. 3 S. 3 PflVG a.F.]). Jedoch können nur solche positiven Bescheide als Entscheidung im Sinne dieser gesetzlichen Vorschrift gewertet werden, die eine klare und umfassende Erklärung des VR aufweisen. Dabei hängt die Wertung, ob eine Erklärung des VR den insoweit maßgeblichen Anforderungen genügt, wesentlich von der Würdigung der Umstände des Einzelfalls ab. Indes kann die Verjährungshemmung nur dann ihr Ende finden, wenn dem Anspruchsteller durch die Erklärung zweifelsfreie Klarheit über die Haltung des Haftpflichtversicherers des Schädigers gegenüber seinen Forderungen als Grundlage für die sachgerechte Durchsetzung seiner Ansprüche verschafft wird. Im Hinblick auf den Schutzzweck des § 115 Abs. 2 S. 3 VVG beendet eine positive Entscheidung des VR die Verjährungshemmung daher nur dann, wenn der Geschädigte – oder wie hier sein Zessionar – aufgrund dieser Entscheidung sicher sein kann, dass auch künftige Forderungen aus dem Schadensfall freiwillig bezahlt werden, sofern der Anspruchsteller die entsprechenden Schadensposten der Höhe nach ausreichend belegt. Demgemäß muss die Erklärung zu den Ansprüchen erschöpfend, umfassend und endgültig sein (vgl. hierzu Senat BGHZ 114, 299, 303 … ).

[11] b) Nach diesen Maßstäben kann vorliegend von einer umfassenden Entscheidung der Bekl. i.S.d. § 115 Abs. 2 S. 3 VVG nicht gesprochen werden.

[12] aa) Zwar kann in der vorbehaltlosen Ersatzleistung auf einzelne Schadenspositionen ein Anerkenntnis i.S.d. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB liegen (vgl. Senat VersR 1986, 96, 97; VersR 2009, 230 Rn 22 [jeweils zu § 208 BGB a.F.]; VersR 2015, 636 Rn 8). Ein derartiges Anerkenntnis, das zu einem Neubeginn der Verjährung des Gesamtanspruchs zu führen vermag, ist aber einer die Verjährungshemmung des § 115 Abs. 2 S. 3 VVG beendenden Entscheidung nicht ohne Weiteres gleichzusetzen; Verjährungsneubeginn und Verjährungshemmung können in entsprechenden Fällen nebeneinander treten (vgl. hierzu BGH VersR 1984, 441, 442). Die zum Wegfall der Verjährungshemmung führende anspruchsbejahende Erklärung des VR muss nicht nur ein Anerkenntnis i.S.d. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB umfassen, sondern dem Geschädigten – oder wie hier seinem Rechtsnachfolger – auch umfassend und endgültig Klarheit über die Einstandsbereitschaft des VR hinsichtlich aller in Betracht kommenden Schadenspositionen geben (Senat NJW-RR 1996, 474, 475).

[13] bb) Das Abrechnungsschreiben der Bekl. v. 19.10.2009 beschränkt sich auf eine Regulierung der vom Landkreis T bis Dezember 2008 geleisteten Eingliederungshilfe unter Berücksichtigung der Haftungsquote von zwei Dritteln. Das Schreiben lässt damit nicht mit der gebotenen Klarheit erkennen, ob die Bekl. auch alle künftigen, angesichts der Verletzungen des Geschädigten noch zu gewärtigenden Schadensposten, die bisher nicht Gegenstand der Abrechnung waren, zu ersetzen bereit sein wird, soweit sie betragsmäßig belegt werden. Es reicht insoweit zur Erfüllung der Anforderungen an ein...

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