Der Entscheidung des LSG Sachsen-Anhalt ist zuzustimmen. Nicht selten wird im Anwaltsbüro nicht darauf geachtet, Vergütungsansprüche des beigeordneten Rechtsanwalts in beweiskräftiger Form rechtzeitig geltend zu machen und damit die Verjährung des Vergütungsanspruchs zu verhindern.

Die Verjährung des Vergütungsanspruchs

Auch der Vergütungsanspruch des im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Landeskasse unterliegt gem. § 195 BGB der dreijährigen Verjährungsfrist (OLG Düsseldorf AGS 2008, 397 mit Anm. N. Schneider; KG JurBüro 1987, 1805; LG Cottbus RVGreport 2018, 215 = AGS 2018, 337). Die Verjährungsfrist beginnt gem. § 199 Abs. 1 BGB mit Ablauf/Schluss des Jahres, in welchem der Rechtsanwalt die Leistung verlangen kann (OLG Hamm JurBüro 1996, 642 und AGS 2002, 251; LG Cottbus, a.a.O.). Dies ist dann der Fall, wenn die Anwaltsvergütung i.S.v. § 8 RVG fällig geworden ist und jedenfalls einer der dort geregelten Fälligkeitstatbestände erfüllt ist. Das war hier im Fall des LSG Sachsen-Anhalt die Beendigung der Angelegenheit (§ 8 Abs. 1 S. 1 RVG) und die Beendigung des Rechtszugs (§ 8 Abs. 1 S. 2 2. Fall), beides durch den am 8.11.2012 geschlossenen gerichtlichen Vergleich.

Recht einfach ist die Beachtung der Verjährungsfrist dann, wenn – wie hier – das einzige anhängige gerichtliche Verfahren beendet ist. Erhebliche Schwierigkeiten haben viele Rechtsanwälte jedoch dann, wenn mehrere Verfahren gleichzeitig geführt werden. Dies betrifft in Familiensachen insbesondere einstweilige Anordnungen, die neben der Hauptsache betrieben werden. Einstweilige Anordnungen sind nämlich gem. § 17 Nr. 4d RVG selbstständige gebührenrechtliche Angelegenheiten, sodass die Fälligkeit der dort verdienten Vergütung gesondert und unabhängig von der Hauptsache eintritt und damit auch die Verjährungsfrist gesondert läuft. Deshalb sollte der im Wege der PKH oder VKH beigeordnete Rechtsanwalt seinen Vergütungsanspruch gegen die Landeskasse unmittelbar nach Abschluss des Verfahrens auf Erlass der einstweiligen Anordnung geltend machen, was übrigens der Rechtsanwalt der Antragstellerin im Fall des OLG Düsseldorf AGS 2008, 397 m. Anm. N. Schneider versäumt hatte.

Der Nachweis des Eingangs des Festsetzungsantrags

Im Fall des LSG Sachsen-Anhalt hatte der Prozessbevollmächtigte des Klägers seinen Antrag auf Festsetzung der PKH-Anwaltsvergütung rund zwei Monate nach Fälligkeit schriftsätzlich und lange vor Ablauf der Verjährungsfrist beim SG Halle/Saale geltend gemacht. Er hatte lediglich das Pech, dass dieser Antrag entweder nicht beim SG eingegangen war oder er dort zwar eingegangen war, nicht jedoch zu den Gerichtsakten gelangt ist. Das LSG Sachsen-Anhalt hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der beigeordnete Rechtsanwalt die Beweislast dafür hat, dass er seinen Anspruch auf Festsetzung der PKH-Anwaltsvergütung rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist geltend gemacht hat. Diesen Nachweis konnte der Klägervertreter nicht erbringen.

Wird (auch) der Antrag auf Festsetzung der PKH-Anwaltsvergütung über das beA gestellt, dürften insoweit Schwierigkeiten des Nachweises des rechtzeitigen Eingangs des Festsetzungsantrags nicht (mehr) bestehen. Auch die Übermittlung des Antrags per Telefax ermöglicht zusammen mit dem Ausdruck des Sendeberichts meist den Nachweis des Eingangs des Antrags beim Gericht, wenn nicht Fehler beim Empfangsgerät des Gerichts auftreten. Ich war in meiner Referendarzeit bei einem besonders vorsichtigen Rechtsanwalt tätig, der Festsetzungsanträge öfter persönlich beim Gericht abgegeben und sich den Empfang auf der Durchschrift des Antrags von dem Gerichtsbediensteten hat quittieren lassen. Die letztgenannte Möglichkeit wird allerdings häufig schon an den größeren Entfernungen zum Gericht scheitern. Jedenfalls sollte sich der PKH-Anwalt in den Handakten eine Frist setzen, die einige Monate vor Ablauf der Verjährungsfrist liegt. Wird bei Wiedervorlage der Akten bemerkt, dass dem Festsetzungsantrag immer noch nicht entsprochen worden ist, kann der Rechtsanwalt nachhaken. In diesem Fall sollte er seinem Erinnerungsschreiben eine – vorsorglich unterschriebene – Kopie des Festsetzungsantrags beifügen. War dieser Antrag in Verlust geraten, ist jedenfalls der neue Antrag rechtzeitig.

Dass im Fall des LSG Sachsen-Anhalt der dem Kläger im Wege der PKH beigeordnete Rechtsanwalt nach dem Absenden seines Festsetzungsantrags vom 10.1.2013 viereinhalb Jahre gewartet hat, um mit Schreiben vom 17.7.2017 an dessen Erledigung zu erinnern, lag wohl daran, dass derart lange Bearbeitungszeiten bei Festsetzungsanträgen für das SG Halle (Saale) nicht ungewöhnlich waren oder sogar noch sind. Anderenfalls hätte der Anwalt bei sonst üblichen kürzeren Bearbeitungszeiten noch vor Ablauf der Verjährungsfrist am 31.12.2015 nachgehakt.

Die Beachtung von Verwaltungsvorschriften

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