II. Die zulässige Berufung hat in der Sache hinsichtlich des Anspruchsgrundes und hinsichtlich des Feststellungsantrags teilweise Erfolg. Dem Kläger steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 115 VVG, 3 PflVG ein Anspruch auf Ersatz des durch den Unfall vom 21.10.2012 entstandenen Schadens unter Zugrundelegung eines 50 %igen Haftungsanteils der Beklagten zu. Wegen der Höhe des zuzusprechenden Schmerzensgeldes und des Schadensumfangs ist die Sache nicht entscheidungsreif. Insoweit ist das angefochtene Urteil aufzuheben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

Im Einzelnen:

1. Im Ansatz zu Recht rügt der Kläger, dass das Landgericht eine Haftung der Beklagten für die Kollision nicht schon aufgrund eines stillschweigenden Haftungsverzichts der Beteiligten hätte ausschließen dürfen. Anknüpfungspunkte für die zugrunde gelegte Annahme, die Beteiligten hätten die in Fahrtrichtung R. führende Fahrspur der B 67 ohne den erforderlichen Sicherheitsabstand befahren und zu der Kollision sei es "infolge von Unruhe und Bremsmanövern in der Gruppe" nach der Aufgabe der Abbiegeabsicht durch den Streithelfer zu 1) gekommen, liegen nicht vor. Die konkreten Abstände der einzelnen Fahrer zueinander sind nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ungeklärt geblieben. Die Aussagen der Zeugen hierzu waren uneinheitlich bzw. unergiebig. Auch die Sachverständigen konnten keine Feststellungen dazu treffen, welchen Abstand die einzelnen Fahrer hatten.

Ungeachtet dessen kann ein stillschweigender Haftungsausschluss nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nur in eng begrenzten Ausnahmefällen angenommen werden. Wie der Bundesgerichtshof bezogen auf eine vom ADAC durchgeführte sog. "Zuverlässigkeitsfahrt" entschieden hat, scheidet eine Einschränkung der deliktischen Haftung regelmäßig für solche Schäden aus, bei denen der Schutz einer gesetzlichen Haftpflichtversicherung eingreift. Eine abweichende Bewertung führt zu einer Durchbrechung des Grundsatzes der Haftung für Deliktsschäden (BGH, Urt. v. 5.3.1963 – VI ZR 123/62 –, NJW 1963, 1099, 1100). Auch kann die Haftung eines Veranstalters eines "Fahrerlehrgangs", der eine "Antischleuderschule" und ein "Gefahrentraining" beinhaltet, trotz des typischerweise erhöhten Schadensrisikos, das diesem Training innewohnt nicht auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz beschränkt werden; der formularmäßige Ausschluss der Haftung ist unwirksam (BGH, Urt. v. 24.9.1985 – VI ZR 4/84 –, NJW 1986, 1610, 1612).

Allerdings hat der Bundesgerichtshof in Bezug auf ein Rennen im Sinne des § 29 StVO ("Gleichmäßigkeitsprüfung" auf dem Hockenheimring) einen konkludenten Haftungsverzicht für die Betriebsgefahr und leichte Fahrlässigkeit angenommen (BGH, Urt. v. 1.4.2003 – VI ZR 321/02 –, NJW 2003, 2018). Wie er hervorgehoben hat, handelt es sich um eine an ein Rennen angelehnte Veranstaltung, bei der die Fahrzeuge – anders als im öffentlichen Straßenverkehr – nicht in einer an den Verkehrsregeln angepassten Weise benutzt werden. Geschlossene Rennstrecken sind schon von der Anlage her normalen Straßen schwerlich vergleichbar, ungewöhnliche Gefahren werden durch derartige Veranstaltung geradezu heraufbeschworen und Teilnehmer setzen ihr Fahrzeug Gefahren aus, die mit dem normalen Straßenverkehr nichts zu tun haben. In Anbetracht dessen darf – wie der Bundesgerichtshof weiter entschieden hat – jeder Teilnehmer darauf vertrauen, nicht wegen Schäden in Anspruch genommen zu werden, die er ohne nennenswerte Regelverletzungen aufgrund der typischen Risikolagen des Wettbewerbs verursache. Dies gelte jedenfalls dann, wenn keine Haftpflichtversicherung die Schäden übernimmt. Wie der Bundesgerichtshof indes weiter entschieden hat, scheidet ein Haftungsverzicht dann aus, wenn aufgrund des besonderen Gefahrenpotenzials einer Veranstaltung für die Teilnehmer (Haftpflicht-)Versicherungsschutz besteht (BGH, Urt. v. 29.1.2008 – VI ZR 98/07 –, NJW 2008, 1591, 1592, Rn 10). Gerade im Anwendungsbereich einer Pflichtversicherung entspricht es weder dem gesetzlichen Anliegen der Versicherungspflicht noch dem Willen der Beteiligten, den Haftpflichtversicherer zu entlasten (BGH a.a.O., Rn 12 m.w.N.).

Nach dieser Maßgabe scheidet die Annahme eines stillschweigend vereinbarten Haftungsverzichts aus. Dass die Unfallbeteiligten konkludent von einem Haftungsverzicht ausgegangen wären oder darauf vertraut hätten, nicht wegen Schäden in Anspruch genommen zu werden, kann nicht angenommen werden. Die Fahrt, bei der u.a. die Ehefrau des Streithelfers zu 1) und die Tochter des Zeugen B. als Sozien mitfuhren, fand im öffentlichen Straßenverkehr und unter den allgemein geltenden Verkehrsregeln statt. Ein (typischerweise) erhöhtes Schadensrisiko oder eine an ein Rennen angelehnte Veranstaltung ist nicht ersichtlich. Schließlich werden die Unfallbeteiligten – hier: der Kläger und die Beklagte zu 1) – durch die Haftung auch nicht unbillig belastet, weil es sich um Schäden handelt...

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