Straßenverkehrsrecht

Helmpflicht beim Motorradfahren auch bei Berufung auf religiöse Hinderungsgründe (BVerwG, Urt. v. 4.7.2019 – 3 C 24.17)

Das BVerwG hat mit Urt. v. 4.7.2019 (3 C 24.17) entschieden, dass das Tragen eines Turbans aus religiösen Gründen nicht bereits deshalb von der Helmpflicht beim Motorradfahren befreit. Der Kl. beantragte bei der Stadt Konstanz die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung, mit der von der Pflicht zum Tragen eines Schutzhelms beim Motorradfahren befreit wird. Die gegen den ablehnenden Bescheid erhobene Klage wurde vom VG zurückgewiesen. Der VGH Baden-Württemberg verpflichte die Bekl., über den Antrag erneut zu entscheiden, weil die Bekl. verkannt habe, dass eine Ausnahme auch aus religiösen Gründen in Betracht komme. Die Revision des Kl., mit der er darüber hinaus die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung erreichen wollte, hat das BVerwG zurückgewiesen. Zwar beeinträchtige die in § 21a Abs. 2 StVO angeordnete Helmpflicht den Kl. als gläubigen Sikh mittelbar in seiner durch Art. 4 Abs. 1 GG geschützten Religionsausübungsfreiheit, weil er während des Motorradfahrens auf die aus religiösen Gründen als verbindlich empfundene Pflicht zum Tragen eines Turbans verzichten müsse. Diese Beeinträchtigung sei aber gerechtfertigt, weil die Helmpflicht nicht nur den Motorradfahrer, sondern auch Dritte schützen solle. So könnten Rettungskräfte durch den Unfalltod oder durch den Eintritt schwerer Verletzungen eines nicht durch Helm gesicherten Motorradfahrers traumatisiert werden. Zudem sei ein durch Helm geschützter Fahrer eher in der Lage, am Unfallort erste Hilfe zu leisten oder die Rettungskräfte zu rufen. Die Helmpflicht könne daher aus religiösen Gründen nur dann entfallen, wenn dem Betr. der Verzicht auf das Motorradfahren aus besonderen Gründen nicht zugemutet werden könne. Hierfür bestünden bei dem Kl., der über eine Fahrerlaubnis zum Führen von Pkw verfüge und einen Lieferwagen besitze, keine Anhaltspunkte.

Quelle: Pressemitteilung des BVerwG Nr. 54/2019 v. 4.7.2019

Fahrerlaubnisrecht

Vierte Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung

Am 16.7.2019 ist die Vierte Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 4.7.2019 in Kraft getreten (BGBl I S. 1056). Mit der Richtlinie (EU) 2018/645 wurde die Möglichkeit geschaffen, die Gewichtsbeschränkung der Klasse B für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben für den Güterverkehr auf 4.250 kg zu erhöhen. Hintergrund ist das erhöhte Gewicht von Elektrofahrzeugen und Fahrzeugen mit Gastanks gegenüber vergleichbaren Fahrzeugen mit herkömmlichen Antrieben. Durch die Verordnung wird die Gewichtsbeschränkung der Klasse B für Fahrzeuge für den Güterverkehr mit alternativen Antrieben unter bestimmten Voraussetzungen auf 4.250 kg angehoben. Hierdurch sollen alternative umweltfreundliche Fahrzeuge gefördert werden.

Quelle: BR-Drucks 182/19

Verkehrsverwaltungsrecht

Marktöffnung im Eisenbahnbereich

Am 16.7.2019 ist das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2370 vom 14.12.2016 zur Änderung der Richtlinie 2012/34/EU bezüglich der Öffnung des Marktes für inländische Schienenpersonenverkehrsdienste und der Verwaltung der Verkehrsinfrastruktur vom 8.7.2019 in Kraft getreten (BGBl I S. 1040). Die Änderungsrichtlinie behandelt schwerpunktmäßig die Marktöffnung und die Unabhängigkeit des Betreibers der Schienenfahrzeuge sowie die finanzielle Transparenz im Zusammenhang mit der Marktöffnung in der EU für den Schienenpersonenverkehr. Mit dem Gesetz soll die Richtlinie 1:1 in das deutsche Recht umgesetzt werden.

Quelle: BT-Drucks 19/9738

Luftverkehrsrecht

Entschädigung bei Verspätung des Anschlussfluges einer Airline außerhalb der EU bei einheitlicher Buchung eines Fluges bei einer EU-Airline (EuGH, Urt. v. 11.7.2019 – C – 502/18)

Mit Urt. v. 11.7.2019 (C – 502/18) hat der EuGH entschieden, dass ein Flug mit ein- oder mehrmaligem Umsteigen, der Gegenstand einer einzigen Buchung war, i.S.d. Fluggastrechte-Verordnung eine Gesamtheit darstellt. Damit fällt ein Flug mit Umsteigen, dessen erster Teilflug im Gebiet eines Mitgliedstaates startet, in den Anwendungsbereich der Verordnung, auch wenn sein zweiter Abflug- und Zielort in einem Drittstaat außerhalb der EU liegen und der Flug von einem Luftfahrtunternehmen außerhalb der EU durchgeführt wurde. Im entschiedenen Fall hatten elf Fluggäste bei einer tschechischen Fluggesellschaft einen Flug von Prag über Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate) nach Bangkok (Thailand) gebucht. Der von České areoline durchgeführte Flug von Prag nach Abu Dhabi war pünktlich. Jedoch hatte der Anschlussflug, der im Rahmen einer Codesharing-Vereinbarung von Etihad Airways durchgeführt wurde, bei der Ankunft in Bangkok 488 Minuten Verspätung. Nach dem Urteil des EuGH muss České areoline eine Entschädigung zahlen, obwohl die Verspätung erst auf dem Flug von Abu Dhabi nach Bangkok entstanden ist.

Quelle: Pressemitteilung des EuGH Nr. 95/2019 v. 12.7.2019

Autor: Karsten Funke

Karsten Funke, Richter am Landgericht, München

zfs 8/2019, S. 422 - 423

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