"I. Der Kl. begehrt die Verurteilung des Bekl. zur Unterlassung automatisierter Kfz-Kennzeichenkontrollen nach bayerischem Polizeirecht."

Der Kl. ist mit seiner vorbeugenden Unterlassungsklage vor dem VG [VG München, Urt. v. 23.9.2009 – VG M 7 K 08.3052] und dem VGH [BayVGH, Urt. v. 17.12.2012 – VGH 10 BV 09.2641] erfolglos geblieben. Der erkennende Senat hat seine Revision gegen das Berufungsurteil des VGH mit Urt. v. 22.10.2014 – 6 C 7.13 = Der Verkehrsanwalt 2015, 69 = zfs 2015, 180 [Leits.] – (Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 104) zurückgewiesen. Der Senat hat die Klage als zulässig, aber unbegründet erachtet.

Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats nahm der Bekl. die streitigen Kfz-Kennzeichenkontrollen auf der Grundlage von Art. 33 Abs. 2 S. 2 bis 5 i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 sowie Art. 38 Abs. 3 des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei (Polizeiaufgabengesetz – BayPAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.9.1990 (GVBl S. 397), zuletzt geändert durch Verordnung vom 22.7.2014 (GVBl S. 286) vor (im Folgenden: BayPAG a.F.).

Der Kl. hat gegen das Urt. des erkennenden Senats und die vorinstanzlichen Entscheidungen Verfassungsbeschwerde eingelegt.

Während des Verlaufs des Verfahrens vor dem BVerfG sind die landesgesetzlichen Grundlagen der streitigen Kfz-Kennzeichenkontrollen wie folgt geändert worden: Die Vorschrift des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 BayPAG ist durch Gesetz vom 23.11.2015 (GVBl S. 410) redaktionell einer Änderung des bayerischen Versammlungsrechts angepasst worden. Die Vorschriften des Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 und des Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 BayPAG sind durch Gesetze vom 13.12.2016 (GVBl S. 335) und vom 24.7.2017 (GVBl S. 388) erweitert worden. Die Bestimmungen in Art. 33 Abs. 2 S. 2 bis 5 und Art. 38 Abs. 3 BayPAG sind durch das Gesetz zur Neuordnung des bayerischen Polizeirechts (BayPAG – Neuordnungsgesetz) vom 18.5.2018 (GVBl S. 301) in einem neuen Art. 39 Abs. 1 und Abs. 3 S. 1 bis 3 BayPAG bei geringfügigen redaktionellen Änderungen im Wesentlichen wortlautidentisch zusammengeführt worden (im Folgenden: BayPAG n.F.).

Das BVerfG hat auf die Verfassungsbeschwerde des Kl. mit Beschl. v. 18.12.2018 – 1 BvR 142/15 – (NVwZ 2019, 381 [= zfs 2019, 174]) unter Nr. 1 Buchst. a der Beschlussformel Art. 33 Abs. 2 S. 2 i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 BayPAG a.F. sowie Art. 39 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 BayPAG n.F. für mit Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG wegen Verstoßes gegen Art. 71 und 73 Abs. 1 Nr. 5 GG unvereinbar und nichtig erklärt, soweit die Vorschriften die Kfz-Kennzeichenerfassung zur Verhütung oder Unterbindung der unerlaubten Überschreitung der Landesgrenze vorsehen. Das BVerfG hat zudem unter Nr. 1 Buchst. b der Beschlussformel Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 BayPAG a.F. und die nachfolgenden Fassungen der Vorschrift für mit Art. 71 und Art. 73 Abs. 1 Nr. 5 GG unvereinbar und nichtig erklärt, soweit die Norm die Identitätsfeststellung zur Verhütung oder Unterbindung der unerlaubten Überschreitung der Landesgrenze vorsieht.

Unter Nr. 2 Buchst. a der Beschlussformel hat das BVerfG Art. 33 Abs. 2 S. 2 bis 5 BayPAG a.F. sowie Art. 39 Abs. 1 BayPAG n.F. für mit Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG unvereinbar erklärt, soweit die Vorschriften die Kfz-Kennzeichenerfassung nach Maßgabe des Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 BayPAG a.F. und der nachfolgenden Fassungen der Norm nicht auf den Schutz von Rechtsgütern von zumindest erheblichen Gewicht beschränken, soweit sie die Kfz-Kennzeichenerfassung nach Maßgabe des Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 BayPAG a.F. und der nachfolgenden Fassungen der Norm uneingeschränkt für “Durchgangsstraßen (< … >andere Straßen von erheblicher Bedeutung für den grenzüberschreitenden Verkehr)‘ vorsehen und soweit sie keine Pflicht zur Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen für die Durchführung der Kraftfahrzeugkennzeichenkontrollen vorsehen. Das BVerfG hat zudem unter Nr. 2 Buchst. b der Beschlussformel Art. 38 Abs. 3 S. 2 BayPAG a.F. sowie Art. 39 Abs. 3 S. 2 BayPAG n.F. für mit Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG unvereinbar erklärt, soweit die Vorschriften die Verarbeitung der Kennzeichen zu weiteren Zwecken nicht auf den Schutz von Rechtsgütern von zumindest erheblichem Gewicht oder sonst einem vergleichbar gewichtigen öffentlichen Interesse beschränken.

Unter Nr. 3 der Beschlussformel hat das BVerfG entschieden, dass die unter Nr. 2 der Beschlussformel angeführten Vorschriften in ihrer (neuen) Fassung vom 18.5.2018 bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber, längstens bis zum 31.12.2019, nach Maßgabe der Gründe seines Beschlusses weiter anwendbar bleiben.

Unter Nr. 4 der Beschlussformel hat das BVerfG festgestellt, dass das Urt. des erkennenden Senats vom 22.10.2014 und die Entscheidungen der Vorinstanzen den Kl. in seinem Recht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verletzen. Es hat das Urteil des erkennenden Senats aufgehoben und die Sache an das BVerwG zurückverwiesen.

Unter Nr. 5 der Beschlussformel hat das BVerfG die Verfas...

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