"… II. Die zulässige Berufung der Kl. ist im noch zur Entscheidung gestellten Umfang begründet."

Der Kl. steht gegen den Bekl. zu 1) ein Schadensersatzanspruch in tenorierter Höhe aus § 823 Abs. 1 BGB wegen (grob) fahrlässiger Eigentumsverletzung zu, der im ausgeurteilten Umfang nicht durch die vereinbarte Haftungsbeschränkung ausgeschlossen ist.

1. Die Kl. ist aktivlegitimiert. Sie war nicht Eigentümerin, sondern Leasingnehmerin des beschädigten Fahrzeugs. Aufgrund der Abtretungserklärung der Eigentümerin, der M-Leasing GmbH, vom 22.12.2014 ist sie jedoch berechtigt, Schadensersatzansprüche wegen der Beschädigung ihrer Fahrzeuge im eigenen Namen geltend zu machen.

2. Die Haftung des Bekl. zu 1) gem. § 823 Abs. 1 BGB dem Grunde nach ist nicht in Streit. Der Bekl. zu 1) verursachte mit dem vom früheren Bekl. zu 2) angemieteten Fahrzeug am 19.4.2015 einen Unfall, bei dem es beschädigt wurde. Unstreitig hat der Bekl. zu 1) den Unfall deshalb verursacht, weil er wegen Bedienung des Infotainmentsystems nicht mit der erforderlichen Aufmerksamkeit auf die Fahrbahn geachtet hat. Dies ist selbst dann zumindest fahrlässig, wenn der Bekl. zu 1) “nur‘ mit einer Geschwindigkeit von 130 km/h gefahren wäre.

3. Die Haftung des Bekl. zu 1) ist nicht aufgrund der zwischen der Kl. und dem frühere Bekl. zu 2) vereinbarten Haftungsfreistellung ausgeschlossen.

Der frühere Bekl. zu 2) hatte mit der Kl. für das Mietfahrzeug eine Haftungsbeschränkung ohne Selbstbeteiligung vereinbart. Der Bekl. zu 1) war als berechtigter Fahrer gem. I.7 AVB in die Schutzwirkung der dort vereinbarten Haftungsbeschränkungen in gleicher Weise wie der Mieter ausdrücklich einbezogen. Er hat den Schaden am Mietfahrzeug aber grob fahrlässig herbeigeführt und damit gem. I.2 S. 4 AVB die ihn begünstigende Haftungsbeschränkung im von der Kl. geltend gemachten Umfang (50 %) eingebüßt.

a) Die Regelung in I.2 S. 4 AVB hält der Inhaltskontrolle nach § 307 ff. BGB stand und ist damit wirksam.

Haben die Parteien eines gewerblichen Kraftfahrzeugmietvertrags – wie hier – gegen Entgelt auch zugunsten des berechtigten Fahrers eine Haftungsreduzierung nach Art der Vollkaskoversicherung vereinbart, darf neben dem Mieter auch der Fahrer darauf vertrauen, dass die Reichweite des mietvertraglich vereinbarten Schutzes im Wesentlichen dem Schutz entspricht, den der Mieter genießen würde, wenn er selbst Eigentümer des Kfz und selbst VN in der Fahrzeugvollversicherung wäre (…). Nur bei Einräumung dieses Schutzes genügt der gewerbliche Vermieter von Kfz seiner aus dem Grundsatz von Treu und Glauben erwachsenen Verpflichtung, schon bei der Festlegung seiner AGB die Interessen künftiger Vertragspartner angemessen zu berücksichtigen (BGH zfs 2009, 637).

Die Erwartung einer der Vollkaskoversicherung entsprechenden Vertragsgestaltung besteht bei Kraftfahrzeugmietverträgen mit entgeltlicher Haftungsreduzierung auch hinsichtlich des Verhaltens eines Fahrers, dem der Mieter berechtigterweise das Mietfahrzeug überlässt (BGH, Urt. v. 11.10.2011 – VI ZR 46/10, juris Rn 14). Mietvertragsklauseln, die vom Leitbild der Vollkaskoversicherung zum Nachteil des Mieters und seines berechtigten Fahrers abweichen, sind gem. § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters und Fahrers unwirksam (BGH zfs 2009, 637).

Dem Leitbild der AKB entspricht die im Mietvertrag getroffene Regelung. Allerdings war in der zum Zeitpunkt der Anmietung geltenden Fassung der AKB (A.2.15 AKB 2008, anders jetzt in A.2.8 S. 2 AKB 2015) der Regress gegen den berechtigten Fahrer bei grober Fahrlässigkeit nicht anteilig entsprechend der Verschuldensschwere, sondern in vollem Umfang möglich. Dies stand nach Aufgabe des Allesoder-Nichts-Prinzips betreffend die Leistungsfreiheit des VR bei der Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den VN (vgl. BT-Drucks 16/3945, 80) zwar mit dem gesetzlichen Regelungsmodell nicht in Einklang und führte daher wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB zur Unwirksamkeit dieser Klausel (BGH zfs 2011, 697). Die Rspr. schloss die damit entstandene Lücke aber durch entsprechende Anwendung der neuen Quotierungsregelung des § 81 Abs. 2 VVG (BGH zfs 2014, 685). Diese Rechtslage wird durch die verwendete Fassung der AVB abgebildet.

b) Der Senat ist nach durchgeführter Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Bekl. zu 1) den Versicherungsfall herbeigeführt hat, indem er bei einer Geschwindigkeit von 200 km/h auf dem linken Fahrstreifen der Autobahn in einem ihm nicht vertrauten Fahrzeug fahrend die Infotainmentanlage des Fahrzeugs bediente, wegen der darauf zurückzuführenden Ablenkung nach links von der Fahrbahn abkam und dort mit der linken Fahrzeugseite gegen die Mittelleitplanke stieß.

aa) Der Senat ist davon überzeugt, dass der Bekl. zu 1) unmittelbar vor der Kollision mit der Leitplanke die Infotainmentanlage des Mietwagens bediente und dadurch stark abgelenkt war.

Der Bekl. zu 1) hat in seiner informatorischen Anhörung vor dem Senat angegeben, dass er versucht...

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