BGB § 434 Abs. 1 S. 1

Leitsatz

Zur Frage des Zustandekommens einer Beschaffenheitsvereinbarung beim Verkauf eines älteren Wohnmobils unter Privatleuten im Hinblick auf eine am Fahrzeug angebrachte gelbe Feinstaubplakette.

BGH, Urt. v. 13.3.2013 – VIII ZR 186/12

Sachverhalt

Die Kl. hat die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über ein gebrauchtes Wohnmobil, Baujahr 1986, zum Preise von 7.500 EUR verfolgt. Anfang des Jahres 2011 verkaufte der Bekl., der eine "Hobbywerkstatt" betreibt, in der Privatleute Fahrzeuge reparieren können und er selbst Fahrzeuge repariert, das Wohnmobil, das er selbst zwei Jahre zuvor gebraucht erworben hatte, an die Kl. In dem handschriftlich abgefassten Kaufvertrag heißt es: "Für das Fahrzeug besteht keine Garantie". An dem Fahrzeug war bei Abschluss des Kaufvertrags eine gelbe Umweltplakette angebracht, über die sich die Parteien bei den Kaufverhandlungen unterhielten. Der Bekl. erklärte hierzu auf Nachfrage der Kl., die Umweltplakette sei schon zum Zeitpunkt seines Erwerbs angebracht gewesen und er sehe keinen Grund, warum die Kl. nach der Ummeldung des Fahrzeugs nicht wiederum die gleiche Plakette erhalten könne. Bei der Ummeldung des Fahrzeugs erhielt die Kl. keine neue gelbe Plakette, da der Motor nicht den maßgeblichen Euronormen entsprach. Die Herstellerfirma teilte zusätzlich mit, dass eine Umrüstung nicht möglich sei. Weiterhin entdeckte die Kl. ein Loch im Holzboden des Staufachs des Wohnmobils. Die Kl. erklärte daraufhin unter Bezugnahme auf beide Mängel den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte den Bekl. unter Fristsetzung vergeblich zur Rückabwicklung des Kaufvertrags auf. Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Die zugelassene Revision der Kl. wurde zurückgewiesen.

2 Aus den Gründen:

[13] "… Der Kl. steht ein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gem. § 346 Abs. 1 i.V.m. § 437 Nr. 2 Alt. 1, § 440, § 323 Abs. 1, § 326 Abs. 5 BGB nicht zu."

[14] 1. Der Umstand, dass die Kl. für das Wohnmobil keine Umweltplakette erlangen und es deshalb in Umweltzonen nicht nutzen kann, berechtigt sie nicht zum Rücktritt vom Kaufvertrag.

[15] a) Ob dem BG darin zu folgen ist, dass in der fehlenden Nutzungsmöglichkeit des Wohnmobils in Umweltzonen ein Sachmangel nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB liegt, bedarf keiner Entscheidung. Denn jedenfalls haben die Parteien durch die im Kaufvertrag gewählte Formulierung “Für das Fahrzeug besteht keine Garantie’ die Gewährleistung insoweit wirksam ausgeschlossen.

[16] aa) Die vom BG vorgenommene Auslegung dieser individualvertraglichen Vereinbarung kann der Senat im Interesse einer einheitlichen Handhabung und damit der Rechtssicherheit uneingeschränkt überprüfen (vgl. Senatsurt. v. 21.4.1993 – VIII ZR 113/92, BGHZ 122, 256, 260; v. 7.6.2006 – VIII ZR 180/05, NJW 2006, 2694 Rn 8). Denn derartige Angaben finden sich in dieser oder ähnlicher Form im Gebrauchtwagenhandel auch über den Bezirk des BG hinaus (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 11. Aufl., Rn 4014 ff. m.w.N.) und waren bereits Gegenstand anderer instanzgerichtlicher Entscheidungen (OLG Bamberg, MDR 1998, 966; LG Arnsberg, NZV 1988, 68). Wie das BG zutreffend ausgeführt hat, ist die gewählte Formulierung bei verständiger Würdigung als Gewährleistungsausschluss zu verstehen. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird von juristischen Laien – und um solche handelt es sich vorliegend – der Begriff “Garantie’ nicht im Rechtssinne, sondern regelmäßig als Synonym für die gesetzliche Gewährleistung gebraucht (OLG Bamberg, a.a.O.). Soweit sich die Revision darauf beruft, der Bekl. habe hier nur die Verantwortung für andere Fahrzeugeigenschaften ausschließen oder auf das Fehlen einer Hersteller- oder Verkäufergarantie für das 25 Jahre alte Fahrzeug hinweisen wollen, zeigt sie übergangenen Sachvortrag dazu in den Tatsacheninstanzen nicht auf.

[17] bb) Dem Bekl. ist es auch nicht gem. § 475 Abs. 1 BGB versagt, sich auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss zu berufen. Das BG hat zutreffend angenommen, dass der Bekl. bei dem Verkauf des Wohnmobils nicht als Unternehmer gehandelt hat und deshalb kein Verbrauchsgüterkauf vorliegt.

[18] (1) Unternehmerisches Handeln erfordert ein selbstständiges und planmäßiges, auf gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen am Markt, wobei eine Gewinnerzielungsabsicht nicht erforderlich ist (Senatsurt. v. 29.3.2006 – VIII ZR 173/05, BGHZ 167, 40 Rn 14 ff.). Auch Nebentätigkeiten und branchenfremde Tätigkeiten werden erfasst, sofern sie im Zusammenhang mit der selbstständigen beruflichen Tätigkeit stehen (Senatsurt. v. 13.7.2011 – VIII ZR 215/10, NJW 2011, 3435 Rn 18 ff.). Ist der Abschluss eines Vertrags aber weder der gewerblichen noch der selbstständigen beruflichen Tätigkeit des Verkäufers zuzuordnen, liegt rein privates Handeln vor. Dabei ist das rechtsgeschäftliche Handeln einer natürlichen Person nach der Rspr. des Senats mit Rücksicht auf den Wortlaut des § 13 BGB grds. als Verbraucherhandeln anzusehen. Eine Zuordnung entgegen dem mit dem rechtsgeschäftlichen Handeln objektiv verfolgte...

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