Verweigert sich der Bußgeldrichter einer sorgsamen Aufklärung der Verkehrsbußgeldsache durch die Verlesung von Urkunden, ohne das tatnächste Beweismittel zu vernehmen, so kann dem im Grunde nur bei konsequenter Ablehnung des Richters wegen Besorgnis der Befangenheit ein Riegel vorgeschoben werden. Nach § 24 Abs. 2 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG findet wegen Besorgnis der Befangenheit die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters ist dann gerechtfertigt, wenn der Ablehnende bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Grund zu der Annahme hat, dass der abgelehnte Richter ihm gegenüber eine innere Haltung einnimmt, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann.[9] Für die Befangenheit des Bußgeldrichters spricht es, wenn dieser nicht willens ist, den Vorgang aufzuklären, was seine ureigene Aufgabe in der Hauptverhandlung ist und sich durch die negativ formulierten Textbausteine zu § 77 Abs. 2 OWiG bereits zulasten des Betroffenen aus dessen Sicht festgelegt zu haben scheint. Der Betroffene muss in der Tat befürchten, dass er den Richter von seinem Standpunkt, dass der Einspruch keine Erfolgsaussicht habe, nicht mehr abbringen können wird. Es besteht auch zusätzlich die Gefahr einer vorweggenommenen Beweiswürdigung, die die Ablehnung des Bußgeldrichters rechtfertigt. Da die oberlandesgerichtliche Rechtsprechung derzeit das rigorose Vorgehen und die Abkürzung der Hauptverhandlung durch die Bußgeldrichter stützt, muss letztlich mit einer Zurückweisung des Befangenheitsantrages durch den zuständigen Richter gerechnet werden. Bei Befangenheitsanträgen handelt es sich dann nur um ein Ventil, um dem Ärger Ausdruck zu verleihen, dass das Begehren des Verteidigers abgelehnt wurde, verbunden mit der Hoffnung, dass der Richter noch einlenkt und bemerkt, dass man es ernst meint und sich nicht alles gefallen lässt.

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