Die Corona-Pandemie hält nach wie vor die Welt in Schach. Auch die Verkehrsrechtsfamilie war und ist hiervon natürlich nicht ausgenommen. Der Ausfall des DAV-Verkehrsanwaltstages im April in Hamburg ist neben der Umstellung auf Home-Office, Webinare und Videokonferenzen meist in Kombination mit Home-Schooling oder Schichtarbeit im Büro sicher nur ein kleiner Teil der Beeinträchtigungen und Besonderheiten, die die letzten drei Monate mit sich gebracht haben. So langsam laufen auch die Gerichtstermine wieder an – wobei mit Tragen von Mundschutz, Fiebermessen beim Einlass ins Gerichtsgebäude und Ausfüllen von Fragebögen hier noch längst keine Normalität in Sicht ist. Vielleicht führt der Lock-Down auch zu einem Umdenken in der Justiz hinsichtlich Prozessoptimierung und -beschleunigung. Gerade in "kleinen" Verfahren, in denen keine aufwendigen Beweisaufnahmen durchzuführen oder nur Anträge zu stellen sind, sollte vermehrt von der Möglichkeit der "Videoverhandlung" Gebrauch gemacht werden. Die bereits seit dem 1.11.2013 eingeführte Regelung des § 128a ZPO findet in der Praxis kaum bis keine Beachtung. Auch bietet es sich an, bei Verfahren, in denen die Einholung eines Sachverständigengutachtens unumgänglich ist, dieses vor der mündlichen Verhandlung einzuholen. Auch hier bietet die Zivilprozessordnung mit § 358a ZPO die entsprechende Möglichkeit. Auf die Empfehlungen des 54. Verkehrsgerichtstages in Goslar von 2016 – wo insbesondere die Anwaltschaft in Person des geschätzten Kollegen Jens Dötsch aus Andernach dies gefordert hat – sei verwiesen. Es bleibt die Hoffnung, dass die Corona-Pandemie den Stein nunmehr (endlich) ins Rollen bringt und die Gerichtsverfahren schneller und effizienter werden. Mitunter rückt als weitere Folge der Corona-Pandemie für die im Verkehrsrecht tätigen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ein neues oder bislang nur stiefkindlich behandeltes Rechtsgebiet in den Fokus – das Reisevertragsrecht. Die Vorschrift des § 651h Abs. 3 BGB wird hierbei von besonderem Interesse sein. Hiernach kann der Reiseveranstalter keine Entschädigung verlangen, wenn am Bestimmungsort unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Personenbeförderung erheblich beeinträchtigen. Die Frage, ob und wann man in Folge der Corona-Pandemie vom Reisevertrag ohne Stornierungskosten zurücktreten kann, ist nach der teilweisen Aufhebung der Reisewarnung in verschiedenen europäischen Ländern nicht eindeutig zu beantworten. Prof. Dr. Tonner vertritt in seinem im April 2020 veröffentlichten Gutachten die Auffassung, dass bis 31.8.2020 von allen Pauschalreisen ohne Stornierungskosten zurückgetreten werden kann, da die Corona-Pandemie zu erheblichen Beeinträchtigungen führt bzw. noch führen wird. Da mit Sicherheit nicht jeder Reiseveranstalter dem Kurzgutachten des Prof. Dr. Tonner folgen wird, werden wohl auch hier die Gerichte diese Frage klären müssen. Auch das Luftfahrtrecht wird genügend Anlass für Rechtstreitigkeiten geben. Die Airlines verweigern häufig den Fluggästen die Rückerstattung der Flugscheinkosten. Nach Art. 8 Verordnung (EG) Nr. 261/2004 sind bei Annullierung des Fluges durch die Airline dem Fluggast die vollständigen Flugscheinkosten binnen 7 Tagen zurückzuzahlen – in den meisten Fällen derzeit reine Utopie – Warteschlangen in Hotlines, standardisierte Emails und der Versuch, die Kunden mit Gutscheinen abzuspeisen, stehen an der Tagesordnung. Hier ist wohl auch mit einer Prozesswelle zu rechnen. Aus meiner Sicht ideale Verfahren, um die moderne Technik und die Möglichkeit der Videoverhandlung zu nutzen. Auf ein baldiges persönliches Wiedersehen – sei es beispielsweise beim Verkehrsrechtssymposium in Mainz oder beim "Wanderzirkus". Der persönliche Kontakt, die Fachgespräche oder eben die Geselligkeit sind eben weder durch Zoom, noch durch Duo, Meets oder Skype zu ersetzen.

Bleiben Sie und Ihre Familien gesund!

Autor: Andy Ziegenhardt

RA Andy Ziegenhardt, FA für Verkehrsrecht, Erfurt

zfs 7/2020, S. 361

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