"… Dem Kl. steht gegen die Bekl. aus der bei dieser unterhaltenen Unfallversicherung kein Anspruch auf Zahlung von 33.500 EUR zu, weil die von ihm geltend gemachte Invalidität nicht auf einem Unfall im Sinne der dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen beruht."

1. Der vom Kl. in der mündlichen Verhandlung vom 6.10.2017 erstinstanzlich geschilderte Ablauf begründet keinen Unfall i.S.v. § 1 Ziff. 1 der AUB.

a) Nach § 1 Ziff. 1 S. 1 Alt. 1 der AUB liegt ein Unfall vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet.

b) Die zu Gunsten des Kl. – ungeachtet etwaiger Fragen der Beweiswürdigung bei inhaltlich abweichenden Dokumentationen (…) als zutreffend unterstellte Schilderung, sein Knie habe sich bei Arbeiten in einem Brennofen in einer sogenannten Schiene befunden und es habe einen Knacks gegeben, als er sich umgedreht habe, um nach einem Werkzeug zu greifen, stellt kein von außen auf den Körper wirkendes Ereignis dar.

aa) Versicherungsschutz besteht nur bei einem Einwirken der Außenwelt (Person oder Sache) auf den Körper des Verletzten, etwa bei einem Zusammenstoß oder einem Sturz, wobei die Art der Einwirkung beliebig ist (vgl. Prölss/Martin/Knappmann, 30. Aufl. 2018, VVG, § 178 Rn 3). Mit diesem Kriterium sollen rein körperinterne Vorgänge (z.B. Erkrankungen, degenerative Vorgänge) als nicht dem Unfallbegriff unterfallend ausgeschlossen werden (vgl. Langheid/Wandt/Dörner, 2. Aufl. 2017, VVG, § 178 Rn 55).

bb) Besonderheiten gelten in den Fällen, in denen das schädigende Ereignis auf Eigenbewegungen des Versicherten zurückzuführen ist. (Nach Langheid/Wandt/Dörner, 2. Aufl. 2017, VVG, § 178 Rn 66 soll es sich hierbei um eine durch Normzweck und Interessenlage gebotene und auf die AUB durchschlagende analoge Anwendung des § 178 Abs. 2 S. 1 VVG auf Fälle handeln, die vom Wortlaut der Vorschrift nicht mehr gedeckt werden).

Zudem hat die Rspr. Grundsätze entwickelt, die bei Arbeiten an oder mit einem Gegenstand zu beachten sind.

(1) Bei Eigenbewegungen des VN sind die Voraussetzungen des Unfallbegriffs erfüllt, wenn diese in ihrem Verlauf nicht gänzlich willensgesteuert sind und die Gesundheitsschädigung zusammen mit einer äußeren Einwirkung ausgelöst wird (vgl. Prölss/Martin/Knappmann, 30. Aufl. 2018, VVG, § 178 Rn 4). Führt etwa eine vom Willen des Versicherten getragene und gesteuerte Eigenbewegung zu einer plötzlichen Einwirkung von außen, wie es bei einer ursprünglich zwar gewollten und bewusst eingeleiteten, hinsichtlich des Tritts in eine Vertiefung neben dem Plattenweg dann aber unerwarteten Ausweichbewegung mit nachfolgendem Straucheln der Fall ist, wobei die vom Kl. bis dahin willentlich und problemlos getragene Last von 40 kg eine ebenfalls unerwartete Eigendynamik entfaltet hat und vom Kl. abgefangen bzw. abgestützt werden musste, war die anfänglich willensgesteuerte Eigenbewegung in ihrem weiteren Verlauf nicht mehr gezielt und für den Kl. beherrschbar, sodass Eigenbewegung und äußere Einwirkung zusammengetroffen sind, wobei die äußere Einwirkung ihrerseits Einfluss auf die veränderte und nicht mehr beherrschbare Eigenbewegung genommen hat (…).

Tritt im Zuge der Aktion des Versicherten ein irregulärer Zustand der Außenwelt hinzu, der der willensgesteuerten Bewegung eine andere Richtung gibt und damit dem Handlungsverlauf eine Eigendynamik verleiht, die diesen für den Versicherten nicht mehr beherrschbar macht, begründet dies eine Einwirkung von außen (vgl. BeckOK/VVG/Jacob, 4. Ed., 1.7.2018, VVG, § 178 Rn 16). Erforderlich ist immer, dass die geplanten Bewegungsabläufe nicht programmgemäß bzw. dass sie irregulär verlaufen. Die Bewegung muss anders als gewollt verlaufen oder abgeschlossen werden. Ein Unfallereignis setzt also gewissermaßen stets die irreguläre Unterbrechung eines “normalen' Ablaufs der Eigenbewegungen voraus (vgl. Langheid/Rixecker/Rixecker, 5. Aufl. 2016, VVG, § 178 Rn 7).

Ihr Ablauf oder Abschluss muss von außen gestört oder behindert werden, wie etwa beim Umknicken des Fußes auf Grund einer Bodenunebenheit (…), bei Verletzungen nach dem Abspringen vom Fahrrad (…) oder bei einem ungeschickten und unerwartet harten Aufkommen nach einem Sprung (…).

(2) Andererseits genügt es nicht, dass der Geschädigte im Rahmen einer gewollten Bewegung eine Verletzung erleidet. Als für einen bedingungsgemäßen Unfall nicht ausreichend erachtet wurden demgemäß Schäden auf Grund einer ungeschickten, aber gewollten und planmäßig verlaufenden Eigenbewegung (…). Unter einer reinen Eigenbewegung als Verletzungsursache versteht man ein rein willensgesteuertes, planmäßig verlaufendes, vom VN beherrschtes Geschehen, dass schon als solches und ohne jeden Kontakt mit der Außenwelt zu einer gesundheitlichen Schädigung führt (vgl. Langheid/Rixecker/Rixecker, 5. Aufl. 2016, VVG, § 178 Rn 6).

(3) Allein die Arbeit mit oder an einem Gegenstand ist keine Einwirkung in diesem Sinne, solange dieser ausschließ...

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