StVO § 45 Abs. 1 S. 1, Abs. 9 S. 2; Zeichen 241 (getrennter Rad- und Fußweg); VwV zu § 2 StVO

Leitsatz

Die Frist für die Anfechtung eines Verkehrsverbotes, das durch Verkehrszeichen bekannt gegeben wird, beginnt für einen Verkehrsteilnehmer zu laufen, wenn er zum ersten Mal auf das Verkehrszeichen trifft, hingegen wird die Frist für ihn nicht erneut ausgelöst, wenn er sich dem Verkehrszeichen später ein weiteres Mal gegenübersieht (wie BVerwG zfs 2011, 52 und BVerwG SVR 2010, 476).

(Leitsatz der Schriftleitung)

Die Benutzungspflicht für einen nicht den Mindestanforderungen der VwV-StVO entsprechenden Radweg darf jedenfalls dann angeordnet werden, wenn die Mitbenutzung der Fahrbahn durch Radfahrer zu einer im Verhältnis zu der auf besonderen örtlichen Verhältnissen beruhenden Gefahr i.S.v. § 45 Abs. 9 S. 2 StVO nochmals deutlich gesteigerten Gefährdung der Radfahrer selbst führen würde, ein Radweg vorhanden ist, dessen Benutzung zumutbar ist und ein Ausbau des vorhandenen Radwegs aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht ohne weiteres möglich ist.

(Amtlicher Leitsatz)

BayVGH, Urt. v. 6.4.2011 – 11 B 08.1892

Sachverhalt

Der Kl. wendet sich gegen eine durch (Verkehrs-)zeichen 241 angeordnete Radwegbenutzungspflicht. Mit verkehrsrechtlicher Anordnung vom 17.6.1998 ordnete die Bekl. die Radwegbenutzungspflicht unter anderem auf der R-Straße in dem hier streitgegenständlichen Bereich zwischen der Kreuzung F-Straße und der Kreuzung O-Straße an. Die Kennzeichnung erfolgte durch die Aufstellung der Zeichen 241.

Der Kl. befährt nach eigenem Vortrag den fraglichen Abschnitt als Fahrradfahrer seit etwa Mitte 2006. Am 21.4.2007 legte er Widerspruch gegen die Radwegbenutzungspflicht durch Zeichen 241 im streitgegenständlichen Bereich (Richtung Innenstadt) ein. Der Radweg sei in diesem Bereich 300 m lang. Vor der Unterführung sei er 130 cm breit und werde in der Unterführung auf einer Länge von 40 m auf eine Breite von 70 cm reduziert. Dies sei unzumutbar. Die Breite eines gewöhnlichen Fahrradlenkers betrage 60 cm, der Radweg sei zur Fahrbahn hin mit einem Geländer abgesperrt, so dass Radfahrer einige Zentimeter Sicherheitsabstand einhalten müssten. Damit komme ein Radfahrer zwangsläufig mit seiner rechten Lenkerseite auf den Gehweg. Ein Benutzen des Radwegs sei also vorgeschrieben, ein legales Benutzen jedoch tatsächlich überhaupt nicht möglich. Die komplette Rad- und Gehwegunterführung sei so eng, dass Fußgänger in Gruppen oder bei Begegnungen gewohnheitsmäßig den Radweg mit benutzten und einzelne Fußgänger sehr nahe am Radweg gingen.

Mit Schreiben v. 22.5.2007 teilte die Bekl. dem Kl. mit, dass es sich bei der R-Straße im fraglichen Bereich um eine klassische Hauptverkehrsstraße handle. Sie diene der Erschließung verschiedener Stadtteile und besitze einen hohen Anteil an Ziel- und Quellverkehr. Die Radwege seien im fraglichen Bereich als benutzungspflichtig eingestuft, da es sich hierbei um eine Straße handle, in der das Radfahren auf der Fahrbahn im Interesse der Sicherheit der Radfahrer und mit Rücksicht auf die Belange des fließenden Verkehrs nicht vorgesehen werden könne. Nach der Empfehlung 95 für Radverkehrsanlagen (ERA 95) könnten Radfahrer in der Regel nur sicher im Mischverkehr auf der Fahrbahn mit verkehren, wenn die Geschwindigkeit des Verkehrs niedrig sei. Bei der Frage, ob auf Hauptverkehrsstraßen der Fahrradverkehr im Mischverkehr auf der Fahrbahn geführt werden solle, sei deshalb eine Interessenabwägung zwischen den Belangen des Kraftfahrzeugverkehrs und des Radverkehrs durchzuführen. Wegen der hohen verkehrlichen Bedeutung der R-Straße und der Zuordnung dieser Straße entsprechend dem Vorentwurf des Verkehrsentwicklungsplans zum so genannten sekundären Netz (Hauptverkehrsstraßen mit überwiegender Verbindungsfunktion) müssten Maßnahmen, die letztlich die Leistungsfähigkeit der R-Straße einschränken würden, abgelehnt werden. Die nicht vorhandene ausreichende Mindestbreite des Radwegs im fraglichen Bereich müsse deshalb hingenommen werden.

Der Kl. teilte der Bekl. daraufhin mit, dass er dennoch auf dem Erlass eines Widerspruchsbescheids bestehe.

Mit Widerspruchsbescheid v. 4.7.2007 wurde der Widerspruch als unzulässig zurückgewiesen. Die Widerspruchsfrist beginne mit der Aufstellung der streitgegenständlichen Verkehrszeichen zu laufen. Diese sei bereits 1998 erfolgt. Die Widerspruchsfrist sei daher abgelaufen.

Die hiergegen erhobene Klage des Kl. wies das VG M mit Urt. v. 18.1.2008 ab. Die Anfechtungsklage sei gegen einen bestandskräftigen Verwaltungsakt gerichtet und damit unzulässig.

Der Kl. beantragte die Zulassung der Berufung. Mit Beschl. v. 3.7.2008 ließ der BayVGH die Berufung zu, weil die Rechtssache besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten aufweise (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO)

2 Aus den Gründen:

„ … [21] Die zulässige Berufung ist unbegründet. …

[23] 2. Das VG hat die Anfechtungsklage des Kl. im Ergebnis zu Recht abgewiesen, weil die Klage jedenfalls unbegründet ist. Die streitgegenständliche verkehrsrechtliche Anordnung und ihre Umsetzung ...

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