BGB § 823 Abs. 1; PflVG § 3 Nr. 1 a.F.; AKB § 10 Abs. 1; VVG § 67

Leitsatz

Beim Befüllen von Öltanks sind strenge Anforderungen an die Sorgfaltspflichten des Befüllers zu stellen, weil es durch Auslaufen größerer Ölmengen zu schweren Schäden kommen kann, deren Verhinderung dem Öllieferanten als Fachmann obliegt.

OLG Frankfurt, Urt. v. 17.8.2007 – 19 U 268/06

Sachverhalt

Die Klägerin ist Gewässerschadenhaftpflichtversicherer eines Wohnhauses und macht nach Erbringung von Versicherungsleistungen Ansprüche nach § 67 Abs. 1 VVG geltend. Dem Versicherungsnehmer der Klägerin wurde am 22.10.2003 von dem Beklagten zu 1) mit einem Tankwagen Heizöl angeliefert. Die Beklagte zu 2) ist die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung des Beklagten zu 1). Während des von dem Beklagten zu 1) durchgeführten Befüllvorgangs kam es über eine Entlüftungsleitung zu einem Austritt von erheblichen Mengen Heizöls in das Grundstück des Bestellers und in die Kanalisation. Die Klägerin macht mit der Klage aus übergegangenem Recht Kosten für die Ermittlung des durch die Bodenkontamination entstandenen Schadens und die Schadensbeseitigung geltend. Die Klägerin hat den Beklagten zu 1) deshalb für haftbar gehalten, weil er vor Befüllung der Anlage nicht hinreichend überprüft habe und durch unzureichende Überwachung des Befüllvorgangs den Austritt des Heizöls zu verantworten habe. Insbesondere habe er nicht überprüft, ob die noch in den Tanks vorhandene Ölmenge eine Befüllung in dem vorgegebenen Umfang ermögliche. Die unterschiedlichen Ölstände der drei Tankbehälter habe er pflichtwidrig nicht überprüft. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die eingetretenen Schäden beim Betrieb des Lieferfahrzeuges entstanden seien.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte überwiegend Erfolg.

Aus den Gründen

“Die Klägerin hat gegen die Beklagten in Höhe des tenorierten Betrages Anspruch auf Schadensersatz nach §§ 67 VVG, 280 Abs. 1, 433, 823 Abs. 1 BGB, § 3 PflVG.

Der Beklagte zu 1) haftet aus schuldhafter Verletzung des mit dem Versicherungsnehmer der Klägerin abgeschlossenen Öllieferungsvertrages sowie auch wegen Verletzung ihm obliegender Verkehrssicherungspflichten, weil er nicht alle ihm zumutbaren Vorsichtsmaßnahmen ergriffen hat, um den eingetretenen Ölschaden am Grundstück des Versicherungsnehmers der Klägerin zu verhindern. Die Beklagte zu 2) hat für den vom Beklagten zu 1) verursachten Schaden als gesetzlicher Haftpflichtversicherer nach § 3 Nr. 1 PflVG einzustehen, da der Schaden beim Betrieb des Tanklastzuges gem. § 7 StVG eintrat. Dieser schließt, auch nach Ansicht beider Parteien, das Be- und Entladen des Fahrzeuges mit ein. Tritt im Zusammenhang mit dem Entladevorgang Öl auf das Grundstück aus, so ist dies unmittelbare Folge des Entladevorganges, wobei es nicht darauf ankommt, wie und an welcher Stelle der Ölaustritt erfolgte (vgl. auch OLG Düsseldorf NJW-RR 1991, 1179). Dementsprechend hat auch die Beklagte zu 2) ihre rechtliche Einstandspflicht gegenüber dem Beklagten zu 1) selbst angenommen. Der Direktanspruch gegen die Beklagte zu 2) folgt aus § 3 PflVG.

Der Beklagte zu 1) hat die beim Befüllen des Öltanks des Versicherungsnehmers der Klägerin erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen (§ 276 BGB).

Beim Befüllen von Öltanks sind strenge Anforderungen an die Sorgfaltspflichten des Befüllers zu stellen, weil es durch Auslaufen größerer Ölmengen zu schweren Schäden kommen kann und es Sache des Öllieferanten als des Fachmanns ist, der die Gefahren des Betankens von Heizölanlagen kennt und sie in aller Regel besser beherrschen kann als der Besteller, alle zumutbaren Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, um solche Schäden zu vermeiden (vgl. BGH NJW 1983, 1108, 1109). Danach hat sich der Befüller, der das Öl anliefert und einfüllt, nicht nur zu vergewissern, ob die vorhandenen Tanks ungefähr die bestellte Menge Öl fassen können, sondern er hat sich, weil sich ein technischer Defekt nicht nur an der Abfüllanlage, sondern auch an der Heizöltankanlage mit letzter Sicherheit nicht ausschließen lässt, während des Abfüllvorgangs davon zu überzeugen, ob die Tanks nicht überlaufen (vgl. BGH NJW 1983, 1108 m.w.N). Insgesamt muss er sich vor dem Befüllen der Tanks – soweit ihm dies durch Sichtkontrolle möglich ist – vom ordnungsgemäßen Funktionieren der Tankanlage überzeugen und während des Abfüllvorganges sowohl den Tankwagen als auch die Tankanlage ständig beobachten, um einen möglichen Ölaustritt vorherzusehen oder bei einem möglichen Ölaustritt sofort einschreiten zu können (vgl. BGH NJW 1984, 233; NJW 1971, 1036; NJW 1970, 1457). Dies gilt insbesondere dann, wenn der Befüller von dem ordnungsgemäßen Funktionieren der Tankanlage nicht ausgehen kann oder gar Indizien dafür sprechen, dass ein Fehler der Tankanlage vorliegt.

Die Feststellung, dass der Beklagte zu 1) diese Sorgfaltsanforderungen nicht erfüllt hat, vermag der Senat auch dann zu treffen, wenn davon auszugehen ist, dass ein Fehler der Tankanlage vorlag und selbst dann, wenn nicht eindeutig feststeht, worin der ...

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