Die minderjährige Kl. hat den Träger eines Krankenhauses auf Schadensersatz mit der Begründung verklagt, ihre in dem Krankenhaus durchgeführte Behandlung sei aufgrund des schlechten Allgemeinzustandes der Kl. fehlerhaft gewesen. Der Beschwerdeführer wurde zum Sachverständigen zur Beurteilung der Diagnose und der Behandlung bestellt, Er gelangte zu der Feststellung, dass die Diagnose zutreffend gewesen sei. Bei der Kl. habe keine zystische oder eine Stauniere vorgelegen. Die Kl. leide lediglich an einer angeborenen Harntransportstörung, die mit den Beschwerden der Kl. nichts zu tun habe. Die Beschwerden der Kl., die Anlass für die Aufnahme und Behandlung in dem Krankenhaus gewesen seien, seien nur durch die Magersucht zu erklären, unter der die Kl. gelitten habe. Nach diesen Feststellungen führte der beschwerdeführende Gutachter Folgendes aus:

Zitat

"Dem Gutachter ist bewusst, dass er die Tätigkeit der der Ärzte der Kinderklinik begutachten soll. Ferner ist ihm bewusst, dass das hier betroffene Mädchen spätestens mit Erreichen der Volljährigkeit in Kürze ihre Krankenunterlagen sowie dieses Gutachten selbst einsehen darf. Trotzdem müssen folgende Schlusssätze erlaubt sein. Im Zeitraum vom September 2014 bis Februar 2015 haben die Eltern mit ihrer Tochter mindestens 12 Ärztinnen bzw. ärztliche Einrichtungen aufgesucht. Ein solches Verhalten bezeichnet man als Ärzte-Hopping bzw. als Doctor-Hopping. Hierbei handelt es sich um ein psychisch krankhaftes Verhalten. Bewusst haben die Eltern den jeweiligen Ärzten wichtige Informationen vorenthalten bzw. keine Arztbriefe der vorangegangenen Behandlungen mitgebracht. Obwohl (die Kl.) nach Einlage des Katheters rezidivierend an Harnwegsinfekten erkrankte und Antibiotika erhielt, wurde den Ärzten gegenüber behauptet, Harnwegsinfektionen seien nicht aufgetreten. Für den Patienten – in diesem Falle das Kind – ist das Ärzte-Hopping nicht ungefährlich, denn die Chance, dass durch fehlende Informationen oder durch eine Diagnostik/Therapie durch fachfremde Ärzte Behandlungsfehler begangen werden, ist sehr groß. Durch das Ärzte-Hopping musste (die Kl.) unnötige Schmerzen erleiden, unnötige Narkosen und Operationen über sich ergehen lassen sowie unnötige Arztbesuche und Krankenhausaufenthalte durchstehen. Es ist vollkommen unverständlich, wenn ein knapp 14-jähriges Mädchen über Monate nicht die Schule besucht und weder Schule noch Jugendamt auf den Plan treten. Nach mehrfachen Lesen der Krankenakten, die eine nur als grotesk zu bezeichnende Krankengeschichte eines 14-jährigen Mädchen dokumentieren, bleibt aus Ex-post-Sicht als Kinder- und Jugendarzt bedauerlicherweise festzustellen, dass nicht noch von den Kinderkliniken X und Y im September 2014 das zuständige Jugendamt informiert wurde, um mithilfe des AG einen Sorgerechtsentzug zu erwirken. (Die Kl.) hätte im September 2014 in eine Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatreie eingewiesen werden sollen."

Die Kl., vertreten durch ihre Eltern, hat den Beschwerdeführer wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das LG hat dem Gesuch entsprochen und dem Beschwerdeführer die Vergütung für die Erstattung des Gutachtens aberkannt. Die Beschwerde des Gutachters hatte Erfolg.

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