"… Dem Kl. stehen die geltend gemachten Haupt- und Nebenforderungen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt, insb. nicht aus § 63 S. 1 VVG i.V.m. §§ 249 ff. BGB, zu. Der Kl. konnte bereits eine der Bekl. zurechenbare Pflichtverletzung ihres Geschäftsführers, insb. wegen Verstoßes gegen § 61 Abs. 1 S. 1 VVG nicht beweisen; einen Verstoß gegen § 60 Abs. 1 S. 1 VVG macht der Kl. bereits nicht geltend."

1. Allerdings gehen die Pflichten des Versicherungsmaklers weit. Er hat als Vertrauter und Berater des VN individuellen, für das betreffende Objekt passenden Versicherungsschutz zu besorgen (vgl. BGH WM 2016, 1632 Rn 18 m.w.N.). Vorliegend musste die Bekl. vor diesem Hintergrund das Antragsformular mit dem Kl. vollständig durchgehen und ausfüllen sowie insb. die Zeichnungsfragen beantworten lassen und etwaige Nachfragen des Kl. zutreffend selbst beantworten.

Angesichts des von den Geschäftsführern der Bekl. im Senatstermin dargestellten, unstreitigen gebliebenen Konzepts der konkreten Gebäudeversicherung, die nicht abhängig war vom tatsächlichen Versicherungswert und von der Größe der zu versichernden Objekte o.ä., sondern hier maßgeblich nur von der Anzahl der zu versichernden Wohneinheiten und der Art der Nutzung, war die Bekl. jedoch nicht zu einer Besichtigung der zu versichernden Objekte verpflichtet. Insb. bedurfte es einer solchen Besichtigung auch nicht, um zu klären, ob es sich um ein (teilweise) bewohntes oder leerstehendes Gebäude/Sanierungsobjekt im Sinne der Zeichnungsfrage 3 handelte. Denn diese klare und eindeutige Frage, die auch unstreitig von dem beratenden Geschäftsführer der Bekl. gestellt und zwischen dem Kl. und dem beratenden Geschäftsführer der Bekl. besprochen worden ist, war ohne eine Untersuchung und Prüfung der zu versichernden Objekte einfach durch Nachfrage beim VN zu beantworten.

Dem steht nicht entgegen, dass der BGH allgemein gehalten ausgeführt hat, der Makler müsse von sich aus das Risiko untersuchen und das Objekt prüfen (…). Denn Untersuchung des Risikos und Prüfung des Objekts bedeutet nicht, dass stets ein Besichtigungstermin am zu versichernden Objekt zu erfolgen hätte. Eine Besichtigung ist nur erforderlich, wenn relevante Fragen sich nur auf diese Art und Weise klären lassen. Dies war hier aus den genannten Gründen nicht der Fall.

Sollte der beratende Geschäftsführer der Bekl. hingegen gleichwohl eine Besichtigung der zu versichernden Objekte vorgenommen haben, hätte er den Antrag mit der unzutreffend beantworteten Zeichnungsfrage 3 nicht an den VR weiterreichen dürfen (…).

2. Dass die Bekl. diesen Pflichten nicht genügt hätte, weil der beratende Geschäftsführer der Bekl. die Zeichnungsfrage 3 trotz Besichtigung der zu versichernden Objekte und/oder trotz konkreter Nachfrage des Kl. falsch beantwortet ließ, lässt sich nicht feststellen.

a) Der Kl. hat eine Besichtigung der zu versichernden Objekte seitens des beratenden Geschäftsführers der Bekl. nicht bewiesen.

aa) Eine Beweislastumkehr oder überhaupt eine Beweiserleichterung findet hier nicht statt. Allerdings fehlt jede förmliche und überreichte Dokumentation (§§ 61 Abs. 1 S. 2, 62 Abs. 1 VVG). Aber eine Dokumentation eines Besichtigungstermins war – jedenfalls im vorliegenden Einzelfall – bereits nicht erforderlich.

Die Nichtbeachtung der Dokumentationspflicht kann zu Beweiserleichterungen zugunsten des VN bis hin zu einer Beweislastumkehr führen. Ist ein erforderlicher Hinweis von wesentlicher Bedeutung nicht, auch nicht im Ansatz, dokumentiert worden, so muss grds. der Versicherungsvermittler beweisen, dass dieser Hinweis erteilt worden ist (vgl. BGHZ 203, 174 Rn. 18 m.w.N.). Ein Besichtigungstermin ist aber, jedenfalls wenn wie hier kein solcher erforderlich war, schon kein nach §§ 61 Abs. 1 S. 2, 62 Abs. 1 VVG festzuhaltender Umstand, weil es sich nicht um eine “Information' im Sinne von § 62 Abs. 1 Alt. 2 VVG handelt. § 62 Abs. 1 Alt. 2 VVG bezieht sich auf “Informationen' nach § 61 Abs. 1 VVG, also wohl auf die Wünsche und Bedürfnisse des VN sowie jedenfalls die Gründe für erteilten Rat. Hierzu gehört ein Besichtigungstermin als solcher nicht.

bb) Hiernach ist eine Besichtigung nicht bewiesen. Die nach § 286 ZPO erforderliche Überzeugung des Gerichts von der vom Kl. behaupteten Tatsache erfordert keine absolute oder unumstößliche Gewissheit und keine “an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit', sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet (…). Ein Besichtigungstermin ist weder durch die eigenen Angaben des Kl. noch durch die Angaben seines Sohnes als Zeugen bewiesen. Es bleiben nicht nur ernsthafte Zweifel. Nach Auffassung des Senats spricht sogar mehr dafür, dass keine Besichtigung stattfand. Ernstliche Zweifel ergeben sich bereits aus den Widersprüchen innerhalb ihrer Angaben, aber auch aus Widersprüche zwischen ihren Angaben (…).

cc) Vor diesem Hintergrund hätte der Kl. den ihm obliegenden Beweis für den Besichtigungstermin aber selbst dann ni...

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