"… [16] 2. Die Revision hat auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg."

[17] a) Das BG hat die streitbefangene Klausel zu Recht als wirksam vereinbart angesehen.

[18] Die in ihr enthaltene Einschränkung des Erstattungsanspruchs ist nicht überraschend im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB.

[19] aa) Es ist in der Senatsrechtsprechung geklärt, dass der Versicherte gerade in Anbetracht eines mit dem Hauptleistungsversprechen weit gesteckten Leistungsrahmens, alle mit der Heilbehandlung zusammenhängenden Aufwendungen zu übernehmen, davon ausgehen wird, dass dieses Leistungsversprechen näherer Ausgestaltung bedarf, die auch Einschränkungen nicht ausschließt (Senat VersR 2005, 64 unter II 2 a; VersR 2004, 1035 unter II 3 a; VersR 1999, 745 unter II 3 a).

[20] bb) Anderes kann der VN – entgegen der Auffassung der Revision – auch im Streitfall nicht allein deshalb annehmen, weil es in der zusammenfassenden Beschreibung des "Tarif(s) 105 Ambulanter Krankheitskostentarif mit summenmäßig bestimmter Selbstbeteiligung" durch den Bekl. heißt, dass die dort genannten ambulanten Heilbehandlungen in diesem Tarif zu 100 % erstattet würden. Diese lediglich eine Seite umfassende Zusammenfassung stellt offenkundig keine abschließende Regelung der vertraglichen Leistungspflichten dar, sondern hat nur den Charakter einer Übersicht. Das wird schon daraus deutlich, dass sie unmittelbar nach der Überschrift den Hinweis enthält, dass für Versicherungsverhältnisse nach diesem Tarif die jeweiligen Allgemeinen Versicherungsbedingungen gelten.

[21] Der VN wird deshalb davon ausgehen, dass die Bezeichnung "100 %" nur den in diesem Tarif grds. erstattungsfähigen Prozentsatz der Aufwendungen angibt, aber nicht zugleich annehmen, dass damit jedes beliebige mit einem Behandler vereinbarte Honorar erstattungspflichtig ist, sondern damit rechnen, dass diesbezügliche Einzelheiten, insb. etwaige Begrenzungen in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen geregelt sind. Ein überraschenden Klauseln innewohnender Überrumpelungseffekt (…) scheidet damit aus.

[22] b) Die Klausel erfasst auch physiotherapeutische Leistungen, die nicht von Ärzten erbracht werden.

[23] aa) AVB sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht (…). In erster Linie ist dabei vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den VN erkennbar sind (…).

[24] bb) Der Wortlaut der Klausel beschränkt die Kostenbegrenzung nicht auf von Ärzten erbrachte Leistungen, sondern erfasst alle Gebühren und Kosten unabhängig von der Person des konkreten Behandlers und regelt insoweit allgemein eine Obergrenze der Erstattungspflicht. Voraussetzung für diese Obergrenze ist danach lediglich, dass es sich um Leistungen handelt, die der Sache nach in den genannten Gebührenordnungen und Verordnungen geregelt sind.

[25] Abweichendes ergibt sich nicht aus dem Sinn und Zweck der Regelung. Dieser besteht darin, im Interesse einer Kostenbegrenzung die Erstattungspflicht der Höhe nach auch dann auf die Vergütung zu begrenzen, die ein Arzt für dieselbe Leistung von seinem Patienten verlangen könnte, wenn sie durch einen sonstigen Behandler – hier einen Physiotherapeuten – erbracht wird. Damit wird gerade für den Fall, dass dieser Behandler nicht an amtliche Gebührenordnungen gebunden ist, einem Erstattungsanspruch in beliebiger Höhe zu Lasten der Versichertengemeinschaft vorgebeugt. Dieser Sinn und Zweck ist für den durchschnittlichen VN auch ohne ein bei ihm nicht vorauszusetzendes Wissen über Einzelheiten des Inhalts der GOÄ erkennbar. Auch insoweit ist der Inhalt der Klausel deshalb für den VN nicht überraschend.

[26] cc) Der Berufung des Bekl. auf die vertragliche Regelung steht auch seine jahrelang geübte Abrechnungspraxis nicht entgegen.

[27] (1) Ein treuwidriges Verhalten des Bekl. (§ 242 BGB) hat das Berufungsgericht mit Recht verneint, nachdem er den Kl. mit Schreiben vom 2.7.2014 auf eine zukünftig den Versicherungsbedingungen entsprechende Handhabung hingewiesen hat.

[28] (2) Entgegen der Auffassung der Revision liegt aber auch keine stillschweigende Vertragsänderung vor, die den Bekl. an einer Berufung auf § 4 Teil II 1 a AVB hindern würde.

[29] Der Umstand, dass der Bekl. im Rahmen der früheren Erstattungspraxis keine Abzüge an den Rechnungen vorgenommen hat, lässt auch aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers nicht auf einen Willen zur Abänderung der vertraglichen Regelungen schließen. Ein solches Verhalten lässt sich vielmehr naheliegend dahin deuten, dass dem Bekl. die Überschreitung vertragsgemäß geschuldeter Leistungen zunächst nicht aufgefallen ist. Die Annahme, dass er für alle VN verwendete Versicherungsbedingungen gegenüber einem einzelnen VN außer Kraft setzen wolle, liegt jedenfalls ohne Abgabe zusätzlicher Erklärungen fern.

[30] c) Schließlich...

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