– Entstehen, Erforderlichkeit und Durchsetzbarkeit einer derartigen Schadensposition –

I. Einleitung

In letzter Zeit werden bei Unfallschäden vermehrt Rechtsanwaltsgebühren als Schadensposition eingeklagt, die für die Einholung einer Deckungszusage beim Rechtsschutzversicherer entstanden sind (sein sollen). Die Meldung des Rechtsschutzfalls und die Einholung einer Deckungszusage sind vom Rechtsschutzversicherungsumfang nicht gedeckt, eine hierauf gerichtete anwaltliche Tätigkeit kann dem Rechtsschutzversicherer gegenüber nicht abgerechnet werden. Es stellt sich die Frage, ob vom Unfallgegner angefallene Rechtsanwaltsgebühren zu erstatten sind. Hier gibt es kontroverse Rechtsprechung. Mitunter werden die Kosten für die Einholung einer Deckungszusage beim Rechtsschutzversicherer ohne nähere Begründung zuerkannt,[1] mit der (lapidaren) Begründung zuerkannt, der gegnerische Haftpflichtversicherer befinde sich mit der Schadenregulierung in Verzug,[2] es liegt eine "gesonderte Angelegenheit i.S.v. § 15 RVG" vor[3] bzw. es liegt eine adäquat-kausale Schadenersatzforderung vor.[4] Eine erhebliche Anzahl von Gerichten[5] lehnt die Erstattungsfähigkeit des Anspruchs ab bzw. verneint dessen Entstehen bereits dem Grunde nach.

[1] LG Hamburg, Urt. v. 16.2.2010, 319 0 75/09.
[2] LG Regensburg, Urt. v. 8.9.2009, 3 O 1074/09; LG Berlin, Urt. v. 9.12.2009, 42 0 162/09; AG Schwandorf, Urt. v. 11.6.2008, 2 C 0189/08.
[3] LG Ellwangen, Urt. v. 16.9.2009, 2 O 225/09; LG München, Urt. v. 6.5.2008, 30 O 16917/07.
[4] AG Cham, Urt. v. 21.8.2009, 1 C 0363/09.
[5] So beispielsweise verschiedene Referate desselben Landgerichts: LG Ellwangen, 2 0 453/09.

II. Entstehen des Anspruchs

Voraussetzung für die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs gegenüber dem Schädiger ist das Vorhandensein des Anspruchs. So selbstverständlich das ist, wird diese Tatsache in vielen Entscheidungen nicht hinterfragt. Grundvoraussetzung eines Schadenersatzanspruchs ist, dass der Bevollmächtigte des Geschädigten einen Gebührenanspruch gegen seinen Mandanten besitzt, von dem dieser Freistellung gegenüber dem Unfallverursacher verlangen kann. Im Klartext also: Der Geschädigte muss seinen Rechtsanwalt dafür bezahlen, dass dieser eine Deckungszusage bei seinem Rechtsschutzversicherer einholt. Hierfür bedarf es eines gesonderten Mandatsauftrags, der Entgeltlichkeit beinhaltet.

1. Gesonderte Angelegenheit

Voraussetzung für eine eigene Angelegenheit i.S.v. § 15 RVG ist zunächst, dass der mit der Unfallschadenregulierung befasste Anwalt überhaupt das Bewusstsein hat, hier eine gesonderte Tätigkeit auszuüben. In der Praxis verhält es sich mitunter dergestalt, dass bereits im Aufnahmebogen bei Annahme eines verkehrsrechtlichen Mandats das Vorhandensein eines Rechtsschutzversicherers abgefragt wird und im Rahmen der Mandatsbearbeitung eine später einzuholende Deckungsanfrage "nebenher" läuft und keine gesonderte Angelegenheit mit dem Mandanten vereinbart wurde. Vielmehr verbleibt es in diesen Konstellationen bei dem Grundsatz der Einmaligkeit der Gebühren. Eine Erstattungsfähigkeit gegenüber dem Schädiger kommt – wenn überhaupt – dann nur in Betracht, wenn durch Addition der Streitwerte "Unfallschadenregulierung" und "Deckungsanfrage" ein Gebührensprung entsteht. Eine gesonderte Geltendmachung scheidet aber aus. Gegen eine eigene Angelegenheit spricht beispielsweise eine vom OLG Köln[1] gefundene Definition des Begriffs der "Angelegenheit", die sich maßgeblich aus den drei Kriterien des einheitlichen Auftrags,[2] der sich im gleichen Rahmen hält und bei dem ein innerer Zusammenhang zwischen den einzelnen Handlungen und Gegenständen der anwaltlichen Tätigkeit besteht, ergibt. Bei der Einholung einer Deckungszusage für das gerichtliche Vorgehen gegen den gegnerischen Haftpflichtversicherer lässt sich ein innerer Zusammenhang zur Unfallschadenregulierung nicht von der Hand weisen. Die insoweit ersichtliche Kommentarliteratur nimmt dennoch einen gesonderten Auftrag an, der eine eigene Angelegenheit auslöst.[3] Schließt man sich der führenden Kommentarmeinung an, so empfiehlt es sich, für die Einholung einer Deckungsschutzzusage beim Rechtsschutzversicherer den gesonderten Auftrag durch Zeichnung einer gesonderten Vollmacht auch als solchen zu dokumentieren.

[1] OLGR 1999, 220, zitiert von: Schneider, in: Schneider/Wolf, 3. Aufl., § 15 RVG Rn 21.
[2] AG Würzburg, Urt. v. 14.6.2009, 12 C 1265/09.
[3] Schneider, Schneider/Wolf, RVG, § 15 RVG, Rn 63; differenzierend: Müller-Rabe, Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, 17. Aufl., § 19 RVG, Rn 27.

2. Entgeltlichkeit der gesondert vereinbarten Mandatsbeziehung

Ungeachtet der Möglichkeit, einen bislang vom Mandanten nicht bezahlten Auftrag dem gegnerischen Schädiger gegenüber im Klageweg als Freistellungsanspruch, respektive bei endgültiger und ernsthafter Zahlungsverweigerung als Leistungsanspruch[1] geltend zu machen, muss der Schadenersatzanspruch dem Grunde nach entgeltlich zustande gekommen sein und nicht unentgeltlich. Eine Vereinbarung, dass die Einholung einer Deckungszusage nur für den Fall entgeltlich sein soll, wenn diese vom gegnerischen Schädiger un...

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